Mittelschwaebische Nachrichten
Selina surft – obwohl sie krank war
Surfen macht Spaß, ist aber auch anstrengend. Trotzdem schaffen es geschwächte Kinder
Selina strahlt über das ganze Gesicht. Sie ist zum ersten Mal im Stehen auf einer Welle gesurft. „Dass ich das mal schaffe, hätte ich nicht gedacht“, sagt die 15-Jährige und lacht. Vor einem Jahr war Selina schwer krank. Die Ärzte hatten bei ihr Krebs festgestellt. Im schlimmsten Fall kann man daran sterben. Diese Krankheit ist bei Kindern sehr selten. Selina gilt heute wieder als gesund. Sie musste aber lange in der Klinik bleiben und wurde behandelt.
Jetzt geht es Selina wieder gut. Doch sie muss sich noch erholen, wieder kräftiger werden. Deswegen ist sie mit ihrer Mutter in eine spezielle Klinik auf der Nordseeinsel Sylt gefahren. Zur Behandlung gehört auch Sport.
In der Klinik auf Sylt können Kinder zum Beispiel surfen (sprich: sörfen). Das Wort kommt vom englischen surf, das bedeutet Brandung. Surfer gleiten mit ihrem Brett über die Wellen. „Durch das Wellenreiten wird man fitter. Man kann das Gleichgewicht besser halten. Die Kinder werden belastbarer“, erklärt Dr. Uwe Steffen. Er ist leitender Arzt in der Klinik. „Das Wellenreiten begeistert die Kinder einfach. Sie freuen sich, nach der langen Behandlung etwas Normales zu machen.“Und: Durch das Surfen kriegen die Kinder wieder Vertrauen in den eigenen Körper.
Experten sind sich sicher: Sport ist in der Krebs-Behandlung ein wichtiger Teil und kann dabei helfen, wieder gesund zu werden. „Wellenreiten ist einfach cool“, sagt Selina. Ihre erste Welle ist sie noch auf den Knien gesurft. Nach mehreren Versuchen springt Selina auf das Brett und surft im Stehen. „Wenn du das einmal gemacht hast, willst du das immer wieder.“Noch vor einem Jahr hätte sie sich nicht einmal vorstellen können, das Meer zu sehen. „Deshalb finde ich es super, jetzt so was zu machen“, sagt sie.
Damit es so gut klappt, hilft Surflehrer Florian Gränert etwas nach. Er schubst Selina mit dem Brett in die Wellen. So erreicht man die Geschwindigkeit, die man zum Wellenreiten braucht. Eigentlich kann jeder beim Wellenreiten mitmachen. Bis auf wenige Ausnahmen. Wenn die Kinder zum Beispiel anfällig für eine Erkältung sind oder eine große Wunde haben. Dann gehe es nicht, meint Dr. Uwe Steffen.
Auch andere Ärzte finden Bewegung während der Behandlung von Krebs hilfreich. Prof. Dr. Joachim Boos von einer Klinik in der Stadt Münster zum Beispiel. Er bietet Skifahren für krebskranke Kinder an. „Ob Wellenreiten oder Skifahren: Die Kinder bekommen ein Riesen-Selbstbewusstsein. Weil sie sich das vorher nicht zugetraut hätten“, sagt Joachim Boos.
Und Selina? Die ist mittlerweile wieder zu Hause in ihrer Heimat in Bayern. „Ich bin wieder gesund“, sagt sie. Irgendwann will sie wieder nach Sylt. Dann möchte sie einen Kurs im Wellenreiten machen. (dpa)