Mittelschwaebische Nachrichten
Lebendiges Holz
Unter dem Titel „Gemeinsamkeiten“präsentieren zwei gegensätzliche Bildhauer in Wettenhausen ihre Werke
Wettenhausen Der Förderverein Kunst Bayerisch-Schwaben Monument Art Galerie lädt derzeit ins Kloster Wettenhausen ein. Die Werke der Bildhauer Clemens Heinl und Joseph Wurmer, Absolventen der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg, wurden zunächst im Kreuzgang präsentiert und sind ab Sonntag im Dominikus Böhm Bau zu besichtigen.
Der Ausstellungstitel „Gemeinsamkeiten“stellt den Betrachter vor die Aufgabe, genau diese herauszufinden. Beide Künstler arbeiten mit Holz, doch dies scheint auf den ersten Blick die einzige Gemeinsamkeit zu sein. Denn während sich Heinl in seinen Werken der menschlichen Gestalt widmet, konzentriert sich Wurmer auf seinen Werkstoff Holz, dem er immer neue Formen und Inhalte zu entlocken versteht. Heinl und Wurmer arbeiten mit der Motorsäge und schaffen es dabei, sie wie feinstes, filigranes Werkzeug einzusetzen. Während die Oberflächen der zierlichen menschlichen Figuren Heinls durch ihre Sägespuren, ihre rohe Haptik eine ganz eigene Anmutung erhalten, sind die Oberflächen von Wurmers Objekten von erstaunlicher Feinheit, was er durch eine spezielle japanische Raspel erreicht.
Der geborene Schwabacher Clemens Heinl, der mit zahlreichen Ausstellungen und Performances auf sich aufmerksam gemacht hat, verleiht sowohl seinen Großfiguren als auch den zierlichen kleinformatigen Werken intensiven Ausdruck. Die beiden Monumentalskulpturen in Wettenhausen ziehen den Betrachter in ihren Bann: ein Mann in Blau, expressiv, rau einer Naturgewalt gleich. Der joviale Manfred, geglättet, bürgerlich, beige, scheint einer anderen Welt zu entstammen. Heinls Figuren sind Menschen, Individuen, die ganz offenbar ihr eigenes Leben haben, ihre Ansichten, ihre Geschichte, ihre Stimmung und auch einen Namen tragen. Körperhaltung, Kopfneigung, der gerichtete Blick: Clemens Heinl schafft es, seinem Werkstück Holz all die menschlichen Merkmale zu entlocken. Mit kräftiger Farbigkeit unterstreicht er Ausdruck und Stimmung. Er habe stets eine Person vor Augen, ein Modell sozusagen, das über Jahrzehnte in seinem Kopf abgespeichert sein kann, bis er es in Holz zu künstlerischem Leben als Skulptur erweckt, erklärt der Künstler.
Joseph Stephan Wurmer, 1956 in Niederbayern geboren, geht einen anderen Weg. Seine abstrakten Arbeiten setzen sich mit Themen auseinander wie „Ordnung und Chaos“, in denen er die bearbeitende, ordnende Hand des Menschen dem chaotischen Dasein der Natur entgegensetzt. So wird ein Holzkubus mit feinster Haptik und strenger Formgebung aufgebrochen, sein Innenleben sichtbar gemacht als etwas, das sich jeder ordnenden Kraft widersetzt. Es entsteht ein faszinierender Spannungsbogen der Extreme. Wurmers Neugier führt zu raffinierten Formen: Holz zur Kugel geschnitten, die er mit der Stichsäge aushöhlt, sodass schließlich eine perfekte Oberfläche entsteht, der ein Innenleben voller Ecken und Kanten entgegensteht. Wurmers Gestaltungswille der reinen, geometrischen Form bezieht die Natur und Struktur seines Werkstoffes als Gegenentwurf zur eigenen Ordnung ein, auch wenn er diese Natur, dieses Chaos notwendigerweise bearbeiten muss, um es sichtbar zu machen.
Die Ausstellung ist bis 13. November jeweils sonntags von 14 bis 17 Uhr zu sehen, sowie nach Vereinbarung. Am 30. Oktober laden die Veranstalter um 15 Uhr zum Künstlergespräch „Kunst im Dialog“in die Ausstellungsräume ein.