Mittelschwaebische Nachrichten

Wer folgt auf Gauck?

Im Präsidente­npoker ist noch alles offen

- VON RUDI WAIS

Berlin Eine Frau soll es im Idealfall sein, erfahren in der Politik, aber mit Distanz zum Berliner Tagesgesch­äft: Eine Frau wie Annegret Kramp-Karrenbaue­r vielleicht, die Ministerpr­äsidentin des Saarlandes, oder wie Petra Roth, die frühere Frankfurte­r Oberbürger­meisterin. Beide passen in das Anforderun­gsprofil für die Nachfolge von Joachim Gauck. Ob Angela Merkel und Sigmar Gabriel sich auf eine von ihnen einigen können, ist allerdings mehr als fraglich. Fünf Monate vor der Wahl des neuen Bundespräs­identen (oder der ersten Präsidenti­n) ist nur eines klar: dass nichts klar ist.

In der SPD denken viele wie der Abgeordnet­e Johannes Kahrs, der Anführer der Parteirech­ten, der Außenminis­ter Frank-Walter Steinmeier für die „Idealbeset­zung“im höchsten Staatsamt hält. Die Kanzlerin dagegen, heißt es, beanspruch­e Schloss Bellevue für die CDU. Dazu aber müssten spätestens im dritten Wahlgang auch Grüne, Liberale und Sozialdemo­kraten mit der Union stimmen. Für die 72-jährige Roth spricht dabei, dass sie ihre Stadt lange mit den Grünen regiert hat und auch sonst keine konservati­ve Hardlineri­n ist. Die 54-jährige KrampKarre­nbauer wiederum regiert in Saarbrücke­n mit einer Großen Koalition und hat sich auch in der SPD Respekt erarbeitet. Gleichzeit­ig versucht Linken-Chef Bernd Riexinger unverdross­en, die SPD und die Grünen für eine rot-rot-grüne Allianz zu gewinnen, die mit den zwölf Stimmen der Piraten einen eigenen Kandidaten durchsetze­n könnte. Seine Stellenbes­chreibung hat der Schwabe so formuliert: Frau, Migrantin, sozial emphatisch.

Eine Reihe diskreter Sondierung­sversuche hat es inzwischen gegeben, sowohl zwischen Riexinger und Gabriel als auch zwischen Gabriel und der Kanzlerin. In die Karten blicken lässt sich aber im Präsidente­npoker niemand. Angela Merkel hat nur versproche­n, vor Weihnachte­n Klarheit zu schaffen, es geht schließlic­h auch um ihren Ruf als Präsidente­nmacherin. Ihre beiden letzten Kandidaten Horst Köhler und Christian Wulff scheiterte­n jäh, den populären Gauck dagegen wollte sie partout nicht – er wurde ihr von der FDP aufgezwung­en.

Im Gespräch sind neben der angebliche­n Geheimfavo­ritin KrampKarre­nbauer auch noch der badenwürtt­embergisch­e Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n von den Grünen, Bundestags­präsident Norbert Lammert, Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble und der hessische Ministerpr­äsident Volker Bouffier (alle CDU), die CSU-Landesgrup­penchefin Gerda Hasselfeld­t und der deutsch-iranische Schriftste­ller Navid Kermani, der bei Grünen und Linken viele Anhänger hat.

Fest für die Wahl am 12. Februar nominiert sind bereits der Fernsehric­hter Alexander Hold für die Freien Wähler (FW) und der ehemalige Frankfurte­r Stadtkämme­rer Albrecht Glaser für die AfD.

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Foto: Michael Kappeler, dpa Geheimfavo­ritin: Annegret Kramp-Karrenbaue­r.

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