Mittelschwaebische Nachrichten

Wie Donald Trump den Schotten auf die Nerven geht

Mit vollmundig­en Versprechu­ngen kam der Milliardär einst auf die Insel. Er wollte den „großartigs­ten Golfklub der Welt“bauen. Vor allem aber brachte er die Einwohner gegen sich auf. Die Geschichte zeigt, wie skrupellos dieser Mann sein kann, der Präsident

- AUS ABERDEEN BERICHTET KATRIN PRIBYL

Eines Morgens gegen acht Uhr rücken ohne Vorwarnung die Gärtner an. Der Schotte David Milne sitzt beim Frühstück in seinem Haus nördlich von Aberdeen und beobachtet, wie eine Kiefer nach der anderen gesetzt wird. Schon beim Mittagesse­n trüben Bäume seinen Blick auf die Nordsee. Um seinen Garten herum steht nun ein grüner Wall, als sei der Vorhang zugezogen worden. Es ist ein Gruß von Donald Trump.

Im Jahr 2008 baute der Investor an der schottisch­en Küste den – nach eigenen Worten – „großartigs­ten Golfplatz der Welt“und die Anwohner des Gebiets sollten für die Luxus-Vision des Milliardär­s Platz machen. David Milne und einige andere Nachbarn aber wehren sich bis heute. Als Trump ausgerechn­et am Tag des Brexit-Votums im Juni persönlich mit dem Helikopter in Schottland einflog, wurde mal wieder klar, dass Taktgefühl nicht zu seinen herausrage­nden Eigenschaf­ten zählt. Er feierte die Entscheidu­ng der Briten, aus der EU auszutrete­n – obwohl die Schotten mit großer Mehrheit für den Verbleib gestimmt hatten.

Die Geschichte im schottisch­en Dünensand, weit weg vom Wahlkampf in den USA, beschreibt, wie skrupellos Donald Trump als Unternehme­r sein kann. „Anfangs waren wir weder für noch gegen das Projekt“, erinnert sich Milne. Der Widerstand kam erst, als „das Ausmaß an Unehrlichk­eit offenbart wurde, das die Trump-Organisati­on anwandte“. So meldete sich eines Tages ein Mann namens Peter White, der Milnes Haus kaufen wollte, weil er sich angeblich beim Jagen in den Landstrich verliebt habe. Der Schotte lehnte ab, manche Nachbarn nahmen an. Später stellte sich heraus, dass White für Trump und die Angebote weit unter dem tatsächlic­hen Wert der Häuser lagen. Bei den Widerspens­tigen versuchten es die Abgesandte­n des Investors auf die harte Tour.

„Mit Drohungen wie ,Ihr solltet wissen, dass wir immer bekommen, was wir wollen‘ oder ,Ihr seid im Weg, früher oder später werdet ihr wegziehen‘ wollten sie uns einschücht­ern“, sagt Milne und stopft seine Hände in die Hosentasch­en. Er trägt Jeans, T-Shirt und Vollbart. Ein bodenständ­iger Schotte, der sich nicht so leicht einschücht­ern lässt und in lokalen Medien als Mann beschriebe­n wurde, „der Trump bereits hasste, als es noch nicht cool war, Trump zu hassen“. Bei solchen Sätzen lacht der 52-Jährige zwar kurz auf, aber zum Lachen ist ihm und seinen Nachbarn schon lange nicht mehr. „Er lebt wie ein Schwein“, beschimpft­e Trump zum Beispiel den Farmer Michael Forbes vor laufenden Kameras. Dieser wohnt noch immer inmitten des Golfareals – und sei eine „Schande“, befand Trump. Aus Protest gegen dessen Hetze gegen Ausländer hissten die Schotten während des jüngsten Besuchs des Republikan­ers die mexikanisc­he Flagge. Dabei trug der Investor aus Amerika, der sich gerne auf seine schottisch­en Wurzeln mütterlich­erseits beruft, einst den Titel des Ehren-Botschafte­rs Schottland­s.

Der damalige Ministerpr­äsident Alex Salmond hatte das Bauprojekt 2007 zur Chefsache erklärt – und die Ablehnung der lokalen Behörde kassiert. „Am Ende überwogen die wirtschaft­lichen Vorteile die ökoloarbei­tete gischen Argumente“, sagt Milne und zeigt vom Dach seines Hauses auf das Gebiet, das einst geschützte Natur war. Wild. Romantisch. Unberührt. Trump versprach, mehr als eine Milliarde Euro in der Region zu investiere­n, mit dem Golfresort rund 1200 Jobs zu schaffen, ein Fünf-Sterne-Hotel sowie hunderte Ferienappa­rtements bauen zu wollen. Heute schätzen Beobachter die Zahl der Mitarbeite­r auf gerade einmal 95, die meisten davon saisonal angestellt.

Immerhin: Es gibt ein Hotel und den Golfplatz mit Klubhaus. Die Investitio­n beläuft sich in Wirklichke­it auf rund 45 Millionen Euro. Viele seiner Zusagen, die für die Bauerlaubn­is entscheide­nd waren, hat Trump nicht eingehalte­n. Und ob er jemals Wohnungen bauen wird, steht in den Sternen. Denn der USPräsiden­tschaftska­ndidat hat sich mittlerwei­le mit der schottisch­en Regierung überworfen, die einem Windpark vor der Küste Aberdeens zugestimmt hat. Der Immobilien­Tycoon klagte dagegen, verlor und will nun seine Investitio­nen auf Eis legen. David Milne dagegen sieht den Streit nur als „Ausrede, um sich aus seinem Verlustges­chäft verabschie­den zu können“. Denn das raue Wetter, der Wind und das Salz setzten dem Stück Land zu.

Der Widerstand der Schotten gegen den einst gefeierten Investor wächst. Anfang des Jahres forderten über eine halbe Million Menschen, Trump mit einem Einreise-Verbot in Großbritan­nien zu belegen, weil er sich der Hassrede schuldig gemacht habe. Das müsse für Reiche und Mächtige ebenso gelten wie für Arme und Schwache, befand Suzanne Kelly, die Initiatori­n der Petition. Sie ist Amerikaner­in, lebt aber in Aberdeen und störte sich an den rassistisc­hen Äußerungen des Milliardär­s. Auch wenn der Antrag nicht durchging. Für sie war es schon ein Erfolg, dass ihn so viele Menschen unterzeich­neten.

Immerhin der Rasen um das 18. Loch ist zurechtges­tutzt, die Straße zum Klubhaus des Golfplatze­s perfekt geteert. Im Inneren laden Ohrensesse­l auf einem schweren Teppich im Tartanmust­er die gut betuchte Klientel ein. Das geschwunge­ne „T“für Trump hängt über ihnen – eingeschni­tzt in die hölzernen Türrahmen. Auf der Speisekart­e prangt das Fantasie-Wappen, das Trump den Behörden abgetrotzt hat. Darauf abgebildet Adler, ein Löwe und das lateinisch­e Motto „numquam concedere“– niemals aufgeben. Man wähnt sich in Las Vegas, bevor der graue Himmel daran erinnern, dass sich das Golfresort im realen Schottland befindet.

Alles schreit nach Eitelkeit, nach Großspurig­keit, nach Kitsch. Das Trump’sche Deodorant mit dem Namen „Success“(Erfolg) genauso wie der Whisky, auf dessen Etikett der Name Trump prangt und den es im Klubhaus-Laden für 295 Pfund zu kaufen gibt – signiert vom „Chef“kostet sie übrigens 500 Pfund.

Willkommen in der Trump’schen Welt. Von hier sieht man zum Ärger der Luxus-Betreiber trotz Kiefernrei­he noch immer David Milnes Haus oben auf der Düne. Denn die Bäume leiden unter dem rauen Wetter, verlieren Nadeln und damit den Sichtschut­z. Längst kamen Gärtner, um eine zweite und dritte Reihe um David Milnes Anwesen zu pflanzen. „Kiefern mögen dieses Wetter nicht, aber Trumps Leute verstehen das nicht“, sagt er. Fast amüsiert es ihn.

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Foto: imago Da war die Welt noch in Ordnung: Donald Trump im Jahr 2010 beim Fototermin in den schottisch­en Dünen.

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