Mittelschwaebische Nachrichten
Vermögen der Mittelschicht bleibt stabil
Unvorstellbare 155 Billionen Euro besitzen Menschen weltweit. Wie aber ist diese Summe verteilt? Eine neue Studie bietet einige überraschende Erkenntnisse – auch für Deutschland
Frankfurt am Main Trotz Minizinsen für Sparer machen viele Deutsche einen Bogen um Aktien – viele Vermögende profitieren derweil davon, dass ihr Geld vor allem in Wertpapieren steckt. Nach Berechnungen der Allianz haben die Bundesbürger in den letzten vier Jahren insgesamt rund 200 Milliarden Euro „verschenkt“, weil sie sich nicht an die Börse wagten. Rund ein Drittel der weltweit fünf Milliarden Menschen in den von der Allianz untersuchten Ländern hat dagegen gar kein Vermögen. Nimmt die Konzentration in den Händen der Wohlhabenden also auch aufgrund der Zinsentwicklung immer weiter zu?
Die Allianz jedenfalls ist da skeptisch. „Unsere Daten erlauben nicht den Schluss, dass die Kluft zwischen Arm und Reich global und im Euroraum insgesamt größer geworden wäre“, sagt Chefvolkswirt Michael Heise. Deutschland weist der Studie zufolge in Verteilungsfragen seit dem Jahr 2000 eine Stabilität ohne große Veränderungen auf. Etwa 40 Prozent des Netto-Geldvermögens entfallen danach auf die Vermögensmittelklasse – Menschen mit Ersparnissen zwischen 7000 Euro und 42000 Euro nach Abzug der Schulden. Das ist aber nur die Lage hierzulande.
In den Euro-Ländern Italien, Irland und Griechenland sowie in den USA, Japan und Großbritannien halte die Mittelklasse dagegen immer weniger am Gesamtvermögen. Die Allianz spricht von einem „schleichenden Prozess der Auszehrung der Mitte“. Weltweit wächst dagegen die Mittelklasse – angetrieben vor allem von der Entwicklung in Asien. Zugleich werden die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung im Euroraum der Studie zufolge immer reicher. Die Ballung immer größeren Reichtums in der Hand weniger „führt zu einer wachsenden Unzufriedenheit in der breiten Bevölkerung – das Votum der Briten, die EU zu verlassen, sollte auch vor diesem Hintergrund gesehen werden“, argumentieren die Autoren des „Global Wealth Reports“.
Das Geld vieler Reicher steckt oft zum größeren Teil in Aktien und anderen Wertpapieren. Sie profitieren auf diese Weise von der Geldschwemme der großen Notenbanken der Welt, die die Kurse am Finanzmarkt antreibt. Der deutsche Leitindex Dax etwa legte seit November 2011 um weit über 60 Prozent zu. Die Mehrheit der als eher börsenscheu geltenden Deutschen setzt dagegen auf klassische Bankeinlagen, Versicherungen und Pensionen. Die Wirkung der ultralockeren Geldpolitik auf die Finanzmärkte scheint allerdings nachzulassen. „An den Aktien- und Anleihemärkten sind die Potenziale nicht mehr so groß wie nach der Aufholjagd 2011“, sagt Heise. Die Folge: Das Wachstum des Geldvermögens schwächte sich bereits im vergangenen Jahr weltweit ab.
Das Brutto-Geldvermögen der Privathaushalte in 53 Ländern stieg um 4,9 Prozent auf den Rekordwert von 155 Billionen Euro. In den drei Jahren zuvor waren es jährlich im Schnitt noch etwa 9 Prozent gewesen. „Gleichzeitig rutschen die Zinsen immer tiefer, bis weit in den negativen Bereich. Die Sparer befinden sich in einem echten Dilemma“, sagt Heise. Friederike Marx, dpa