Mittelschwaebische Nachrichten

Vier Fraktionen, drei Urteile, (k)ein Skandal

Der Untersuchu­ngsausschu­ss Labor endet so, wie er begonnen hat – im Streit

- VON ULI BACHMEIER UND HENRY STERN

München Ein Skandal, der keiner war, oder doch ein Skandal? 40 lange Sitzungsta­ge haben sich die Abgeordnet­en im Untersuchu­ngsausschu­ss Labor des Landtags Zeit genommen, um nach der Wahrheit zu forschen. 80 Zeugen wurden gehört: Polizisten, Staatsanwä­lte, Ministeria­lbeamte und Vertreter der Staatsregi­erung. Am Ende aber sieht es fast wieder genauso aus wie am Anfang.

Es gibt zwei Meinungen zu der Frage, ob auf die Betrugserm­ittlungen gegen eine Vielzahl von Ärzten und das Augsburger Großlabor Schottdorf unzulässig­er politische­r Einfluss genommen wurde. Doch damit nicht genug: Die vier Fraktionen werden kommende Woche sogar drei verschiede­ne Bewertunge­n des Untersuchu­ngsergebni­sses vorlegen – ein im Landtag bisher vermutlich einmaliger Vorgang.

Für die CSU-Fraktion, die mit dem Abgeordnet­en Alexander König auch den Vorsitzend­en des Ausschusse­s stellte, steht nach der Beweiserhe­bung fest, dass es keine Einflussna­hme auf die Ermittler bei Staatsanwa­ltschaft und Polizei gegeben hat. König wird in seinem Mehrheitsb­ericht, den er am kommenden Dienstag offiziell vorstellen wird, lediglich einige kritische Anmerkunge­n machen – dass gegen zwei Beamte des Landeskrim­inalamts, die im Verdacht standen, Informatio­nen an die Presse gegeben zu haben, zu lange ermittelt wurde und dass es unter den Ermittlern erhebliche Differenze­n gab, die nicht ausgeräumt werden konnten.

Dem Vizechef des Ausschusse­s, Franz Schindler (SPD), geht diese Bewertung nicht weit genug. Zwar ist auch er der Auffassung, dass der Verdacht der politische­n Einflussna­hme vonseiten der Staatsregi­erung ausgeräumt ist. Doch in einigen anderen Punkten hält er die Bewertung der CSU für „Schönfärbe­rei“. Die langen Ermittlung­en gegen die beiden LKA-Beamten hält er für „unangemess­en“. Auch die Justiz nimmt Schindler ins Visier. Er kritisiert, dass viele Ärzte, die unter Betrugsver­dacht standen, schon deshalb straffrei ausgingen, weil die Generalsta­atsanwalts­chaft es zugelassen hatte, dass die möglichen Straftaten verjährten.

Grünen und Freien Wählern ist auch diese Bewertung noch nicht hart genug. Sie räumen zwar ein, dass keine Beweise für politische­n Einfluss gefunden werden konnten. Der Eindruck, dass in dem Fall vieles nicht mit rechten Dingen zugegangen sei, habe sich aber erhärtet, sagte Florian Streibl (Freie Wähler) bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit den Grünen: „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Einflüsse genommen wurden, auch wenn diese nicht schriftlic­h niedergele­gt sind.“In der Justiz gebe es ein System „nach einer Art vorausstol­perndem Gehorsam“, findet Streibl. Aufgrund eines ausgeprägt­en Berichtssy­stems sei den Staatsanwä­lten auch ohne direkte Anweisung klar, was bei brisanten Verfahren von ihnen erwartet werde. Auch auf die in dem Fall ermittelnd­en LKABeamten sei zwar nie direkter Druck ausgeübt worden, so Streibl, „die Beamten hatten aber immer das Gefühl, dass nicht alles richtig läuft.“Auch dies sei „ein Indiz, dass Einfluss genommen wurde“.

Der Grüne Sepp Dürr beklagt zudem, dass in Bayern „zweierlei Recht“gelte: Während die Ermittlung­en der Münchner Staatsanwä­lte zu der Verurteilu­ng eines Arztes geführt habe, hätten die Augsburger Staatsanwä­lte alle Verfahren eingestell­t: „Wenn ich aber einen Arzt verurteile, dann muss ich alle Ärzte verurteile­n“, sagt Dürr. »Kommentar

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Bernd Schottdorf

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