Mittelschwaebische Nachrichten
Auf dem Sprung zu den Profis
Mountainbiker Georg Egger freut sich nach einer erfolgreichen Saison zum Abschluss auf sein Heimrennen am Samstag. Im nächsten Jahr will er nicht nur sein Trikot als deutscher Meister zurück, sondern auch aufs WM-Podest
Obergessertshausen Zweiter bei der deutschen U23-Meisterschaft, Vierter bei der WM, dazu ein fünfter Platz bei einem Weltcup-Rennen – für Georg Egger geht mit dem Heimrennen am Samstag in Obergessertshausen eine erfolgreiche Mountainbike-Saison zu Ende. Im kommenden Jahr steht dann der große Sprung an: Er will sich für einen Profivertrag empfehlen. Im Interview sagt der 21-Jährige, was er sich für die nächste Saison vorgenommen hat und welche Lehren er aus den Rückschlägen der abgelaufenen Saison zieht.
Herr Egger, Sie waren zuletzt zu drei Rennen in Nordamerika. Wie fällt das Fazit zur Reise aus, wie zur gesamten Saison? Georg Egger: Nordamerika war als Erfahrung ganz cool. Ich war mit zwei Teamkollegen und mit Lukas Baum, einem meiner besten Freunde im Sport, unterwegs und wir hatten eine Riesengaudi. Beim Weltcup in Kanada bin ich leider nur 18. geworden. Bei zwei HC-Rennen (zweithöchste Rennkategorie, Anm. der Redaktion) lief es aber gut. In Windham bin ich Vierter geworden, in Boston Neunter. Beides waren keine U23-, sondern Männer-Rennen. Insgesamt hatte ich zum richtigen Zeitpunkt meine Bestform: Resultat war der vierte Platz bei der WM in Tschechien und der fünfte Platz beim Weltcup in Lenzerheide. Danach wollte ich leider zu viel und habe meine Regenerationszeit nicht eingehalten, sodass ich bei der deutschen Meisterschaft etwas müde war und meinen Titel nicht verteidigen konnte. Daraus muss ich lernen.
Wie sieht der Trainingsrhythmus während der Saison normalerweise aus? Egger: Normalerweise mache ich vier Wochen Belastung – in der Zeit werden Rennen gefahren. Danach folgt eine Woche Regeneration, wo man es easy angehen lässt. Und dann folgt eine Woche Grundlagentraining, wo man viele Kilometer fährt und sich die Kraft für die nächste Rennphase holt.
Und wie äußert es sich, wenn man sich die Ruhe nicht gönnt? Egger: Grundsätzlich fehlt gar nicht viel, aber hinten raus im Rennen ist dann die Kraft weg. Bei mir war es beim Weltcup in Andorra so: Ich bin kein schneller Starter und reihe mich normalerweise am Anfang um die Positionen zwölf bis 15 ein, um dann nach vorne zu fahren. Allerdings haben dort schon in der ersten Runde die Muskeln so gebrannt, dass ich merkte, dass ich nicht um die Top Ten mitfahren kann. Nach diesem Rennen habe ich es ruhig angehen lassen und bin jetzt wieder deutlich besser in Form. Das Heimrennen am Samstag wird mein letzter Start, es war eine sehr lange Saison.
Wie sehen die Pläne für den Winter aus? Egger: Zunächst mal geht Anfang Oktober das Maschinenbau-Studi- um wieder los. Da will ich mich reinhängen, im Sommer bleibt mit den vielen Reisen wenig Zeit. Sportlich gesehen habe ich ab Anfang Oktober vier Wochen, in denen man machen kann, worauf man Lust hat: mit Freunden wandern, bouldern oder entspannt eine Fahrradtour. Ab Anfang, Mitte November geht es mit dem Training wieder los. Zweimal pro Woche geht es in den Kraftraum, dazu kommt das Grundlagentraining. Je nach Wetter gehe ich joggen, fahre mit dem Rennrad oder gehe auch mal langlaufen. Mit diesen Einheiten holt man sich sozusagen den Hubraum für den Motor. Das Intervall-Training, quasi das Chip-Tuning, kommt erst vor den Rennen. Um aus dem Trott rauszukommen fahre ich Querfeldein-Rennen. Über Weihnachten war ich in den letzten Jahren mit meinem Bruder und Freunden zum Training in der Toskana. Im Frühjahr gibt es wohl wieder Trainingslager mit dem Nationalkader und meinem Lexware-Team.
Mit welchen Zielen gehen Sie in die Saison, die letzte bei der U23? Egger: Im Juni ist die deutsche Meisterschaft, da möchte ich mir von meinem Kumpel Lukas Baum das Meistertrikot zurückholen. Ein paar Wochen vorher findet die Europameisterschaft und im September die Weltmeisterschaft in Cairns in Australien statt. Bei der WM ist eine Medaille mein Ziel, nach dem vierten Platz in diesem Jahr ist das nicht unrealistisch. Dazu hoffe ich, dass es nächstes Jahr mit Podestplätzen und einem Weltcup-Sieg klappt. Damit kann ich mich dann auch für einen Profivertrag in einem Männerteam empfehlen.
In der Berichterstattung zum Radsport hört man immer, dass Mountainbiker deutlich schlechter verdienen als die Straßenrennfahrer. Stimmt das? Egger: Die besten Mountainbiker bekommen 200 000 bis 500 000 Euro pro Jahr, ein Fahrer wie Peter Sagan verdient sicherlich Millionen. Als Einsteiger sind es 40 bis 60 000 Euro im Jahr. Würde ich mein Maschinenbaustudium durchziehen und in den Beruf einsteigen, wäre es wohl ähnlich viel und es wäre natürlich sicherer. Aber das Mountainbiken ist meine Leidenschaft, sodass ich den Sprung zu den Profis auf jeden Fall probieren will. Wenn es im Männerbereich sportlich aussichtslos wäre, kann ich mich immer noch auf mein Studium konzentrieren.
Das große Ziel sind dann die Olympischen Spiele in Tokio 2020? Egger: Das eigentliche Ziel ist, im Männerbereich vorne dabei zu sein und in den Leistungsbereich zu kommen, dass es mit der Olympiaqualifikation klappen könnte. Einen Startplatz zu bekommen, ist auch Glückssache. Die Plätze im Feld pro Land sind begrenzt. Bei den Schweizern war es in diesem Jahr so, dass sechs Top-Ten-Fahrer im Kader standen und nicht alle starten durften.
Kommt für Sie auch ein Umzug in Betracht, um anderswo mit einer starken Trainingsgruppe an der Erfüllung Ihrer Ziele zu arbeiten? Egger: Ich hatte überlegt, in Freiburg zu studieren. Dort sind wegen des Olympia-Stützpunkts viele Mountainbiker. Aber ich habe mich entschieden, in Obergessertshausen zu bleiben. Ich habe hier ein Umfeld, das ich mir nicht besser wünschen könnte. Mein Bruder ist auch Mountainbiker, unser Vater steht voll hinter unserem Sport. Ich habe viele Freunde, die mich mal ablenken, weil ich zwischendurch auch Abstand vom Sport brauche. Insgesamt ist es ideal, in Mitteleuropa zu wohnen: Hier gibt es ringsum so viele Rennen. Und ob man aus Freiburg oder Obergessertshausen anreist, macht keinen Unterschied.
Wie viele Fahrer werden am Samstag nach Obergessertshausen anreisen? Gibt es Neuerungen an der Strecke? Egger: An der Strecke haben wir alles so gelassen, wie im vergangenen Jahr. Die Bayernligafahrer werden am Start sein. Ich versuche noch ein paar von meinen Kollegen zu überzeugen, dass sie anreisen. Allerdings wird das nicht ganz leicht nach so einer langen Saison. Vergangenes Jahr mit der bayerischen Meisterschaft in der Mitte der Saison war mehr Anreiz da. Für mich ist das Heimrennen als Saisonabschluss auf jeden Fall eine coole Sache.
Interview: Adrian Bauer