Mittelschwaebische Nachrichten
Köstlich, teils aber auch heimtückisch
Experte verrät, wonach Sammler Ausschau halten und wovon sie die Finger lassen sollten
Unterallgäu „Es sind begehrte kulinarische Köstlichkeiten, es sind aber auch heimtückische Gesellen, die den Dolch im Gewande tragen und nach dem Leben trachten“: So beschreibt der Unterallgäuer Pilzberater Dr. Manfred Fischer die Gewächse, die im Herbst aus dem Boden sprießen. Nachdem die Ausbeute im vergangenen Jahr – zumindest im Hinblick auf essbare Exemplare – spärlich ausfiel, erhoffen sich „Schwammerl-Sucher“heuer ein besseres Speisepilzjahr. Tipps gab es beim „Ersten europäischen PilzTag“von Fischer.
Laut dem Mindelheimer Apotheker spielen bei der Entwicklung der Pilze zahlreiche Faktoren eine Rolle: etwa Niederschläge, Temperatur, Bodenbedingungen, Mikroklima oder Konkurrenzsituation mit anderen Pilzarten. Viele Punkte gehören auch auf die Liste der Artmerkmale, die Pilzsammler beachten sollten. Einen genauen Blick braucht es für Hut und Fruchtschicht mit Röhren, Poren, Lamellen, Leisten und zu beachten sind auch Stiel, Stielbasis, Fleisch und Geruch. Wichtige Hinweise liefern zudem Sporenfarbe und Wuchsort.
Bestehen Zweifel, ob ein Pilz essbar ist, hilft laut Fischer eine Pilzberatungsstelle weiter. Wer sich auf den Weg dorthin macht, sollte zuvor die zu bestimmenden Pilze nicht abschneiden, sondern ganz aus dem Boden herausdrehen. Es empfiehlt sich auch, alte und junge Exemplare mitzubringen. Der Pilzberater ruft aber dazu auf, nicht wahllos Pilze in großer Menge zu sammeln – in der Hoffnung, dass der Fachmann schon die „guten“darunter herauspickt.
Kundige Pilz-Sucher halten bei einigen Pilzen, die nur in Symbiose mit einer bestimmten Baumart wachsen, die Augen nach dem sogenannten „Baumpartner“offen: Goldröhrlinge finden sich so ausschließlich unter Lärchen, Edelreizker nur unter Kiefern.
Die Züchtung von Steinpilz oder Pfifferling ist deshalb bisher nicht möglich. Im Gegensatz dazu sind Pilze ohne Baumpartner erfolgreich kultivierbar: Austernseitlinge gedeihen auf Holz, der Rotbraune Riesenträuschling auf Stroh und viele Champignonarten auf Kompost. Die Bundesartenschutzverordnung erlaubt das private Sammeln aber nur „in geringen Mengen für den eigenen Bedarf“: Mehr als ein bis zwei Kilogramm pro Tag sollten es laut Fischer nicht sein. Ein Verbot gilt dagegen für gewerbsmäßiges Sammeln, das Sammeln von Pilzen in Naturschutzgebieten und das Sammeln gesetzlich streng geschützter Pilzarten.
In solchen Fällen droht auch ein Bußgeld. Mehr als 11000 Pilzarten beschreibt die Gesellschaft für Mykologie allein für Deutschland: Eine Vielzahl, bei der man auch beim Nachschlagen in Büchern an seine Grenzen stößt. Der Pilzberater empfiehlt daher, sich einem Pilzverein anzuschließen und von der Erfahrung der Mitglieder zu profitieren.
Hat sich jemand trotz aller Vorsicht eine Vergiftung eingehandelt, kommt es laut Fischer auf Folgendes an: „Bewahren Sie Ruhe! Ziehen Sie Ihren Hausarzt zurate oder setzen Sie einen Notruf ab, heben Sie Reste des Sammelguts, Putzreste oder gegebenenfalls Erbrochenes auf: Diese können dabei helfen, die Art zu ermitteln.“Was dem Experten besonders am Herzen liegt: „Das wichtigste Anliegen ist der respektvolle Umgang mit der Natur und ein umweltfreundliches Verhalten“, sagt er und zählt Beispiele auf: Nicht alle Pilze eines Standorts ernten, Pilzbabys und -greise sind tabu, Bodenöffnungen sollte man wieder zudrücken und von geschützten oder gefährdeten Pilzarten die Finger lassen.
Er fügt hinzu: „Schön wäre es, wenn das Interesse über den Tellerrand beziehungsweise den Kochtopf hinaus geht und man ein tieferes Verständnis für dieses geheimnisvolle Reich entwickelt.“