Mittelschwaebische Nachrichten
Seine wohl heikelste Mission
Wenn es schlecht läuft, muss der Ex-Agent Werner Mauss in Haft
Bochum Als Ex-Agent Werner Mauss im Sitzungssaal des Bochumer Landgerichts ankommt, trägt er einen dunkelblauen Winterparka, die Kapuze tief in die Augen gezogen. Der 76-Jährige hat den Saal am Morgen unbemerkt durch den Gefangenentrakt betreten dürfen. Dabei sitzt er nicht einmal in Untersuchungshaft. Eine absolute Ausnahme. Erst als einer der Wachtmeister seinen Kollegen geheimnisvoll zuraunt: „Der Adler ist im Nest“, dürfen auch die wartenden Zuschauer und Journalisten den Saal betreten.
Was sie sehen, ist ein kleiner, gealterter Herr, der seinen Parka auch während der Verhandlung anbehält. Sagen wird er am ersten Verhandlungstag noch gar nichts. Weder zu den Vorwürfen noch zu seiner Person. Für den ehemaligen Geheimagenten ist der Prozess eine heikle Mission. Es geht um Steuerhinterziehung in Millionenhöhe. Wenn es schlecht läuft, droht ihm sogar Gefängnis. Ein Urteil könnte kurz vor Weihnachten fallen.
Die Verteidiger haben vorab gleich zweimal das Gespräch mit Richtern und Staatsanwälten gesucht. Dabei haben sie darauf hingewiesen, dass Mauss einer Geheimhaltungspflicht unterliege. Vorsitzender Richter Markus van den Hövel sieht allerdings im Moment überhaupt keinen Grund dafür, die Bundesregierung oder den Verfassungsschutz einzuschalten.
Es ist eine Steuersünder-CD, die den geheimnisumwitterten TopAgenten in Schwierigkeiten bringen könnte. Das Land Nordrhein-Westfalen hat sie 2012 von einem Insider der Schweizer Großbank UBS angekauft. Noch im selben Jahr wurde das Anwesen von Mauss im Hunsrück durchsucht. Dass der 76-Jährige nicht in Untersuchungshaft kam, hat er unter anderem einer Kaution von einer Million Euro zu verdanken. Gleichzeitig hat Mauss dem Finanzamt vier Millionen überwiesen – als Schadenswiedergutmachung.
Im Prozess geht es um Nummernkonten, Firmen und dubiose Stiftungen. Mauss soll seit den späten 1980er Jahren unter verschiedenen Aliasnamen immer wieder Geld im Ausland angelegt haben. Laut Anklage ging es dabei um Beträge von bis zu 60 Millionen US-Dollar. Die Steuerhinterziehung soll sich auf rund 15 Millionen Euro belaufen. Insgesamt soll der 76-Jährige zwischen 2002 und 2013 Gewinne aus Kapitalanlagen von mehr als 40 Millionen Euro verheimlicht haben.
Zum Prozessauftakt muss sich der Ex-Agent schwere Vorwürfe anhören. Sein Handeln sei in einem „besonders anstößigen und überdurchschnittlichen Maße“von seinen wirtschaftlichen und insbesondere auch steuerlichen Vorteilen geprägt gewesen, heißt es in der Anklage.
Jörn Hartwich, dpa