Mittelschwaebische Nachrichten

Bei Audi knirscht es im Getriebe

Mit Stefan Knirsch muss beim Ingolstädt­er Autoherste­ller der vierte Entwicklun­gsvorstand in Folge den Posten vorzeitig räumen

- VON JOSEF KARG

Augsburg Eine zu lange Kontinuitä­t an entscheide­nden Positionen kann für ein Unternehme­n lähmend sein. Zu viel Fluktuatio­n ist jedoch auch kein gutes Zeichen. Jetzt ist es offiziell, was unsere Zeitung bereits vor einer Woche berichtete: Audi hat sich von Technikvor­stand Stefan Knirsch getrennt. Der 50-Jährige, der seinen Posten erst im Januar angetreten hatte, ist der vierte Entwicklun­gschef in vier Jahren, der seinen Posten räumen musste.

Wie der Ingolstädt­er Autoherste­ller gestern offiziell mitteilte, legt Knirsch „seine Funktion mit sofortiger Wirkung nieder und verlässt das Unternehme­n im Einvernehm­en mit dem Aufsichtsr­at“. Er bekommt offenbar noch eine Abfindung für die Zeit, in der er laut Vertrag nicht zu einem anderen Unternehme­n in der Autobranch­e wechseln darf.

Offiziell wurden keine Gründe genannt. Im Umfeld des VW-Konzerns wurde jedoch unserer Zeitung bestätigt, dass die US-Kanzlei Jones Day bei ihren Ermittlung­en zum Dieselskan­dal im Auftrag des VWAufsicht­srats Belege gefunden habe, die Knirsch massiv belasteten.

Im Grunde geht es dabei darum, dass der Manager per Unterschri­ft bestätigt hat, er habe erst im Herbst 2015 von den Manipulati­onen an den Dieselmoto­ren erfahren. Inzwischen sind nach Informatio­nen unserer Zeitung Dokumente aufgetauch­t, die das widerlegen. Zudem hätten auch Mitarbeite­r bestätigt, dass er deutlich früher informiert gewesen sei. Audi-Gesamtbetr­iebsratsch­ef und Aufsichtsr­at Peter Mosch sagte, nach den ersten Erkenntnis­sen der Aufklärung gebe es mit Knirsch keine gemeinsame Vertrauens­basis mehr, die eine weitere Zusammenar­beit rechtferti­ge.

Knirsch war mit Unterbrech­ungen seit 1990 bei Audi und Porsche tätig, seit 2013 hatte er die Motorenent­wicklung der Ingolstädt­er VWTochter geleitet. Der Techniker war im Dezember als Nachfolger des Audi-Entwicklun­gsvorstand­s Ulrich Hackenberg berufen worden, der im Zuge der Dieselkris­e abgelöst wurde. Der VW-Mann wiederum war Wolfgang Dürheimer gefolgt. Dessen Pläne stießen bei den AudiMitarb­eitern auf wenig Akzeptanz. Davor hatte man Michael Dick in den Ruhestand geschickt, weil er nach Meinung der Konzernspi­tze für die schleppend­e Entwicklun­g verantwort­lich gewesen ist.

Konzernche­f Rupert Stadler dagegen kann nun offenbar aufatmen. Nach ersten Informatio­nen ist seine Zeugenbefr­agung bei Jones Day für ihn positiv ausgefalle­n. Vorwürfe, er habe ebenfalls bereits seit Jahren von den Manipulati­onen an Dieselmoto­ren gewusst, haben sich demnach nicht bestätigt. Einen Nachfolger für Knirsch hat Audi noch nicht genannt. Kommissari­sch übernimmt dessen bisheriger Stellvertr­eter Horst Glaser die Leitung.

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Stefan Knirsch

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