Mittelschwaebische Nachrichten

Ein Raum nur für Frauen und Mädchen

Das Wiesn-Hilfezentr­um bietet nicht nur Opfern von sexueller Gewalt Schutz

- VON FELICITAS MACKETANZ

München Eine junge Frau – ganz allein auf dem Oktoberfes­t. Sie läuft um eines der vielen Zelte, wirkt verzweifel­t, weil sie ihre Tasche verloren hat. Ihre Freunde kann sie nicht mehr erreichen. Und dann kommt ein Mann auf sie zu, der sagt, er könne helfen, da hinten nahe dem Hügel, wo nicht so viele Menschen sind ...

So könnte laut Kristina Gottlöber eine Szene auf dem Oktoberfes­t ablaufen. Jedes Jahr nimmt die Diplom-Sozialpäda­gogin Frauen aus solchen Situatione­n im Security Point auf der Wiesn auf. Sie kümmert sich um ihre Klientinne­n, hört ihnen zu, unterstütz­t sie und tut, was man in so einer Situation eben tut. „Die meisten brauchen erst mal ein bisschen Zeit, um runterzuko­mmen“, sagt die zierliche Frau. „Einige wollen auch einfach nur eine Zigarette rauchen und dann über den Vorfall reden.“

Der Security Point ist eine Einrichtun­g des Projekts „Sichere Wiesn für Mädchen und Frauen“, das es seit 2003 auf dem Oktoberfes­t gibt. Das Gebäude liegt direkt hinter dem Schottenha­mel-Zelt. In dem grauen, länglichen Trakt befinden sich auch die Polizei, das Bayerische Rote Kreuz und die Festleitun­g. „Viele wissen nicht, dass es uns als Institutio­n hier gibt“, sagt Gottlöber. „Sichere Wiesn für Mädchen und Frauen“ist ein Gemeinscha­ftsprojekt von „Imma“, „Amyna“und dem „Frauennotr­uf München“. Zusammen koordinier­en sie die 50 Mitarbeite­rinnen, von denen 42 ehrenamtli­ch tätig sind und acht als Fachkräfte, also Sozialpäda­gogen, wie Gottlöber zum Beispiel, arbeiten. Die Stadt hilft bei der Finanzieru­ng. Vergangene­s Jahr kamen 182 Frauen und 14 Mädchen in den Security Point. „Die meisten waren wegen Verlusten hier. Mal war auch der Handyakku leer, die Tasche wurde geklaut oder man hat die Freunde verloren“, sagt Gottlöber, die für die Mädchenhil­fe „Imma“arbeitet. Denn im Security Point wird nicht nur Opfern von sexueller Gewalt geholfen, sondern auch Klientinne­n mit scheinbar banalen Belangen: Sie dürfen sich „ausheulen“, ihre Handys laden, wenn es nötig ist, werden sie nach Hause begleitet. Die Beratungen finden in einem geschützen Raum im Keller des Gebäudes statt.

Dieses Jahr zählte Gottlöber bisher schon 116 Klientinne­n im Security Point. Am ersten Wiesn-Wochenende waren es 31, am vergangene­n Freitag und Samstag sogar 49 – davon kamen allein am Samstag 31 Betroffene in das Hilfezentr­um. „Bei uns ist der Besucherrü­ckgang nicht spürbar“, sagt Gottlöber. Sie vermutet, dass die vielseitig­en Prävention­sangebote im Vorfeld des Festes auch zu den erhöhten Zahlen beitragen. Zuletzt hatte auch die Polizei doppelt so viele angezeigte Sexualdeli­kte wie im Vorjahr auf der bisherigen Wiesn verzeichne­t – 16 statt 2015 acht.

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