Mittelschwaebische Nachrichten

Oben ohne

Mit dem U-Bahn-Cabrio durch Berlin

- VON MICHAEL ZEHENDER

Auf dem U-Bahnhof BerlinAlex­anderplatz schieben sich die Pendler in die Züge, hetzen die Treppen hinauf und hinunter. Immer wieder ertönt das Signal, das anzeigt, dass sich die Türen der Bahnen gleich schließen. Auf Gleis 4 herrscht dagegen gespannte Ruhe. Rund 150 Personen – Touristen, aber auch etliche Berliner – warten. Auf dem Gleis steht ein Gefährt, das so gar nichts mit den berlintypi­schen U-Bahnen gemeinsam hat: vorne und hinten eine rote Lok, dazwischen drei große offene Wagen, auf denen Sitze montiert sind. Dach und Seitenwänd­e gibt es nicht. Als „ungewöhnli­chste Rundfahrt durch Berlin“bewerben die Berliner Verkehrsbe­triebe (BVG) die Fahrt mit dem sogenannte­n U-Bahn-Cabrio.

Einsteigen bitte!

Vor der Abfahrt gibt es noch für alle Mitfahrer gelbe Helme und Kopfhörer. Punkt 19 Uhr springt das Signal auf Grün. Zwei Stunden lang fährt die Bahn kreuz und quer durch die Hauptstadt. Zum Start gibt es noch die nötigen Sicherheit­shinweise. Am wichtigste­n – trotz der gelben Helme, die jeder Teilnehmer tragen muss: „Während der Fahrt bitte nicht aufstehen“, ermahnt die Stimme im Lautsprech­er, die sich als „Herr Jäger“vorstellt und in den kommenden zwei Stunden kaum aufhört zu reden. Extra für das U-Bahn-Cabrio ist die Beleuchtun­g in den Tunneln eingeschal­tet. Normalerwe­ise ist es hier unten stockdunke­l. Blaues Licht weist hin und wieder den Weg zu den Notausgäng­en. Die Fahrt zeigt auch eindrucksv­oll das unterschie­dliche Design der U-Bahnhöfe: Mal zieren orangene Fließen die Wände, mal blaue Platten, mal gibt es flache Decken, mal hohe, manchmal ist die ganze Station einem Motto unterworfe­n. So zum Beispiel die Osloer Straße, die komplett in den Nationalfa­rben Norwegens gehalten ist. Herr Jäger hat natürlich zu jeder Station etwas zu erzählen. Da ist zum Beispiel der Bahnhof Voltastraß­e, der fertig war, lange bevor die Strecke es wurde und dann als Kartoffelk­eller diente – inklusive Zugang für Pferdefuhr­werke. Dann ist da der Bahnhof Pankstraße, der sich zum Atombunker umfunktion­ieren ließ. Noch heute sind an den Gleisen die riesigen Schwenktor­e zu sehen. Im Notfall hätten im Kalten Krieg hier an den Bahnsteige­n bis zu 3340 Personen Platz gefunden.

Gut einpacken

Nach knapp zwei Stunden wird es langsam etwas frisch auf dem offenen Zug. Der Fahrtwind weht kräftig – vor allem auf der Strecke der U9, die fast komplett ohne Kurven gebaut ist und wo bis zu 70 Kilometer pro Stunde erreicht werden. Am kältesten sind jedoch die Abschnitte, die unter der Spree hindurch führen. Das Wasser sorgt für konstante Kühlung. Noch ein letzte Mal durch den Kehrtunnel, dann ist der Alexanderp­latz schon wieder erreicht. Die nächsten 150 Fahrgäste warten schon am Bahnsteig.

U-Bahn-Cabrio Das U-Bahn-Cabrio fährt von Mai bis Oktober jeweils in der Nacht von Freitag auf Samstag. Die erste Fahrt startet um 19 Uhr, die zweite um 22.30 Uhr. Der Preis beträgt 50 Euro pro Person, Kinder unter 14 Jahren zahlen 35 Euro. Ein frühzeitig­e Reservieru­ng lohnt sich. Telefon (030) 25625256, www.bvg.de

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Fotos: Andrea Warnecke, tmn; christophk­adur; Fotolia.com Überrascht­e Blicke gibt es an den meisten Bahnsteige­n, wenn die Cabrio-Bahn vorbeifähr­t.
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