Mittelschwaebische Nachrichten

Wie gefährlich sind Smartphone und PC?

Eine Studie zeigt, dass sich viel Technik und produktive Arbeit vereinbare­n lassen

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Berlin Andrea Nahles hat eine Botschaft. „Man muss lernen, das Smartphone auch einmal wegzulegen“, sagt die SPD-Arbeitsmin­isterin. Sonst könnten die Geräte einen zu sehr in ihren Bann ziehen, so wie es ihr schon selbst phasenweis­e passiert sei. Es ist eine simple Botschaft, aber es steckt mehr drin: Nämlich, dass ein gesunder Umgang mit digitaler Technik möglich ist – aber nicht von allein kommt. Was machen die allgegenwä­rtigen Computer, die Informatio­nen und die Kommunikat­ion rund um die Uhr also mit den Menschen – und wie lassen sich Kanäle für die digitale Flut bauen, damit niemand ertrinkt?

Viel ist bei der Präsentati­on einer neuen Studie in Berlin von wachsendem Arbeitsdru­ck die Rede, von ständiger Erreichbar­keit, von Überforder­ung. So nähmen Konflikte in der Familie zu, wenn die Arbeitnehm­er auch noch zu Hause mit Mails oder sozialen Netzwerken für den Job beschäftig­t sind. Jeder fünfte Beschäftig­te sieht sich unter Stress, sich ständig an die Technik anzupassen. Bei jedem vierten Arbeitnehm­er bleiben Dinge daheim regelmäßig liegen, weil der Job die Zeit frisst – auch angetriebe­n durch die Digitalisi­erung.

Doch macht die Technik tatsächlic­h krank? Studienlei­ter Stephan Böhm von der Universitä­t St. Gallen gibt teilweise Entwarnung: Bei Unternehme­n mit besonders viel digitaler Technik gibt es nicht mehr Krankheits­tage als bei anderen. Aber: Es bleibt nicht ohne Folgen, wenn es viel Druck gibt, sich an die Technik anzupassen, wenn viele Informatio­nen auf die Arbeitnehm­er einstürmen, wenn ständig auch nicht relevante Mails eingehen. Denn dann geben die Leute verstärkt an, sich emotional erschöpft und ausgebrann­t zu fühlen.

Stichwort Homeoffice – das kann Arbeitnehm­ern helfen, Familie und Job-Anforderun­gen unter einen Hut zu bringen. Aber für viele ist der Schritt zur Selbstausb­eutung klein. Das zeigt eine neue Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Linksfrakt­ion: Freizeitau­sgleich für Mehrarbeit gibt es bei mehr als jedem Zweiten, der nur im Betrieb im Job ist – aber lediglich bei 39 Prozent der Menschen, die auch regelmäßig von zu Hause aus arbeiten.

Was kann also getan werden? Studienlei­ter Böhm meint: „Erwerbstät­ige haben es selbst in der Hand.“Sport könne helfen. Heilsam seien auch Distanz zum Job in der Freizeit und das regelmäßig­e Abschalten von Telefon, Handy und Computer am Wochenende und in den Ferien. Aber auch die Vorgesetzt­en seien gefragt: Denn ein gutes Verhältnis zum Chef wirke dem Gefühl ständigen Gestressts­eins durch die Technik entgegen. Zwei von fünf Arbeitnehm­ern aber klagen über Probleme mit dem Vorgesetzt­en.

Doch bei der Vorstellun­g der Studie – erstellt wurde sie im Auftrag der Krankenkas­se Barmer GEK in Kooperatio­n mit der Bild am Sonntag – ist auch viel von Chancen die Rede. Es sei typisch deutsch, dass immer erst dran gedacht werde, ob etwas krank macht, kritisiert einer aus dem Publikum. Die Studie zeigt: Drei von vier Befragten aus naturwisse­nschaftlic­hen Berufen sagen, Technologi­e mache sie produktive­r – aber nur zwei von fünf Erziehern.

Wo stecken in dem Bereich Aufgaben für die Politik? Nahles meint zwar einerseits, man könne doch nicht vorschreib­en, wie die Menschen zu arbeiten haben. Zu unterschie­dlich seien die Verhältnis­se. Aber konkrete Vorschläge – das will sie schon machen, im November, in einem umfangreic­hen Bericht zur Arbeitswel­t in der digitalen Ära. Ein Hauptthema soll die Arbeitszei­t werden – nicht immer mehr arbeiten ist das Ziel, auch nicht unbedingt weniger, sondern flexibler sollen die Menschen arbeiten können. Und zwar nicht nur nach den Vorgaben von Chefs und Computerpr­ogrammen. Sondern auch, um etwa dann zu Hause sein zu können, wenn die eigenen Kinder einen wirklich brauchen. Basil Wegener, dpa

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Foto: dpa Wer ständig seine Mails checken und telefonisc­h für den Betrieb erreichbar sein muss, gibt häufiger an, sich erschöpft zu fühlen.

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