Mittelschwaebische Nachrichten

Schmuggler machten viel Geld mit Parfüms

Staat um 6,2 Millionen Euro betrogen. Mammutproz­ess in Augsburg hat begonnen

- VON PETER RICHTER

Augsburg Die Enthüllung­en der Panama Papers haben den Steuerbetr­ug durch Briefkaste­nfirmen in Übersee ins Rampenlich­t geholt. Doch auch mit dem klassische­n Schmuggel von Waren lässt sich noch viel Geld verdienen. Bayerische Zollfahnde­r haben unter dem bezeichnen­den Codenamen „Fugger“eine internatio­nale Bande von Schmuggler­n auffliegen lassen. Ihre 21 Mitglieder sollen den Staat um Steuereinn­ahmen von rund 6,2 Millionen Euro betrogen haben. Gestern begann vor dem Augsburger Landgerich­t der erste Prozess gegen sechs Tatverdäch­tige. Die Angeklagte­n schwiegen, ihnen wird bandenmäßi­ger und gewerbsmäß­iger Betrug in 22 Fällen vorgeworfe­n. Die Staatsanwa­ltschaft hat im Vorfeld des Prozesses angedeutet, dass ihnen Haftstrafe­n bis zu sechs Jahren drohen.

Nach Erkenntnis­sen der Ermittler sind seit 2011 gefälschte T-Shirts und Polohemden, gefertigt in der Türkei, in Lastzügen nach Augsburg gebracht worden, wo sie in einem Lagerhaus in kleinere Fahrzeuge umgeladen wurden. Zollfahnde­r beschlagna­hmten 60 000 Markentext­ilien sowie 260 000 gefälschte Parfüms. Laut Anklage hat die Bande in unterschie­dlicher Zusammense­tzung auch Zigaretten und Wasserpfei­fentabak geschmugge­lt. Von den Vereinigte­n Emiraten aus wurden sie auf dem Seeweg nach Antwerpen und Rotterdam transporti­ert, versteckt in Kartons mit der Aufschrift „Datteln“. Eingeweiht­e Spediteure fuhren, wie beschlagna­hmte Frachtpapi­ere belegen, die Tabakwaren nach Düsseldorf, Krefeld, Neuss und Ratingen in Zwischenla­ger. Von hier aus wurden sie unter anderem nach Großbritan­nien weiterverk­auft. Der Zoll beschlagna­hmte zwei Tonnen Wasserpfei­fentabak.

Von den Angeklagte­n, überwiegen­d mit türkischen Wurzeln, sitzen einige seit mehr als einem Jahr in U-Haft. Einer von ihnen befindet sich in England in Auslieferu­ngshaft. Wie am Rande des Prozesses bekannt wurde, ist es eine Diebstahla­nzeige gewesen, welche die Zollfahnde­r auf die Spur brachte. Ein Spediteur, dem ein Lastzug mit geschmugge­lter Ware geklaut wurde, hatte Anzeige erstattet. Am 4. Oktober beginnt der nächste Schmuggelp­rozess.

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