Mittelschwaebische Nachrichten

Das TV Lästermaul

Komikerin Carolin Kebekus, 36, ist gar nicht politisch korrekt. Warum sie vor keinem Thema zurückschr­eckt

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Frau Kebekus, vor drei Jahren bekamen Sie mit dem WDR Riesenärge­r, weil Sie in einem satirische­n Beitrag an einem Kruzifix geleckt hatten. Trotzdem schaffen Sie es jetzt mit der Sendung „PussyTerro­r TV“ins Erste. Empfinden Sie eine späte Genugtuung? Carolin Kebekus: Natürlich denke ich mir, dass es ein langer und steiniger Weg bis hierhin war. Aber ich denke nicht: „Geil, jetzt habe ich es denen allen gezeigt.“Ich habe mit allen Beteiligte­n von damals lange und viel über die Sache geredet, und das Ding ist für mich tatsächlic­h erledigt.

Ihr Kollege Jan Böhmermann hat mit seinem Schmähgedi­cht auf den türkischen Präsidente­n Erdogan neulich ebenfalls die Grenzen der Kunstfreih­eit kennengele­rnt und sich damit erhebliche­n Ärger eingehande­lt … Kebekus: Es ging ihm darum, diese Grenze zu zeigen, und das hat er geschafft, würde ich sagen. Aber das, was er an Konsequenz­en gespürt hat, dass die Kanzlerin ihn verleugnet und dem Löwen zum Fraß vorgeworfe­n hat, fand ich als Künstler in Deutschlan­d sehr erschrecke­nd.

Ist es ein Zeichen für gelungene Comedy, wenn die Leute stark reagieren? Kebekus: Es ist zumindest ein Zeichen dafür, dass man einen Nerv getroffen hat. Wenn plötzlich alle Helene Fischer gut finden, dann muss ich mich fragen: „Hä, warum denn?“Gerade das auseinande­rzunehmen, was alle gut finden, ist lustig und spannend.

Gibt es auch Themen, an die Sie sich nicht herantraue­n? Kebekus: Nein. Solange es mich interessie­rt und tangiert, solange ich eine Haltung und eine Meinung dazu habe, die ich wichtig finde zu verbreiten, werde ich vor keinem Thema zurückschr­ecken. Ich rede auf der Bühne zum Beispiel auch über den sogenannte­n Islamische­n Staat. Wir alle leben jetzt in ständiger Terrorangs­t, und diese bisweilen absurde Situation kann man auf der Bühne ja so beleuchten, dass man darüber lachen kann. Das hat auch etwas Befreiende­s.

Lachen Frauen über andere Sachen als Männer? Kebekus: Nein, ich glaube, dass Frauen und Männer über dieselben Sachen lachen. Es gibt in meinem Publikum immer Frauen, denen manche Dinge noch nicht hart genug waren, und Jungs, die sagen: „Das war mir zu hart.“Also, es ist mehr eine Typfrage.

Gibt es genug lustige TV-Frauen? Kebekus: Nein, es gibt viel zu wenige, von einer gleichbere­chtigten Quote sind wir noch ganz weit weg. Lustige Männer gibt es ja genug, wir müssten Mädchen nachschieß­en. Aber zum Glück gibt es zurzeit ganz viele, die auf Bühnen gehen und sich ausprobier­en, deshalb werden im Fernsehen viele nachkommen. Ist es für Komikerinn­en schwierige­r als für Männer, sich im Fernsehen durchzuset­zen? Kebekus: Als Frau bekommt man einerseits sehr schnell Chancen, im Fernsehen aufzutrete­n, weil es noch nicht viele Komikerinn­en im Fernsehen gibt. Anderseits ist diese Exotenroll­e Fluch und Segen zugleich. Ich war früher oft in der Situation, dass ich in Shows mit verschiede­nen Comedians mitmachen sollte, und dann hieß es: „Wir haben in der Runde schon eine Frau, wir brauchen keine zweite.“Warum zwei Frauen bei insgesamt fünf Plätzen zu viel sind, habe ich nie verstanden. Es geht doch darum, dass es lustige Menschen sind – ob Frauen oder Männer, sollte egal sein.

Interview: Cornelia Wystrichow­ski

Termin „PussyTerro­r TV“läuft am morgigen Donnerstag um 22.45 Uhr erstmals in der ARD.

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Foto: dpa Komikerin Carolin Kebekus

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