Mittelschwaebische Nachrichten

Allein unter Männern

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER klan@augsburger allgemeine.de

Freitagnac­hmittag in der Sportredak­tion: den Trainer eines Fußball-Landesligi­sten ziemlich kalt am Handy im Auto erwischt und nach seiner Prognose für das Spiel am Wochenende gebeten. Kurzes Schweigen am anderen Ende. Dann die perplexe Gegenfrage: „Ich soll jetzt mit einer Frau über Fußball reden?!“

Der Trainer reagiert so fassungslo­s, als müsste er seine Bankdaten offenlegen oder über sein erstes Mal berichten. Wieder verblüffte­s Schweigen – und dann Gelächter auf beiden Seiten über diesen kuriosen Gesprächs-Auftakt. Dem dann doch noch ein unterhalts­amer Austausch übers Spiel am Wochenende folgt.

Im Dreiecksve­rhältnis Männer, Frauen und Fußball besteht also weiterhin eine Menge Redebedarf. So gleichbere­chtigt, wie uns das die Sportsendu­ngen dieser Welt gern vorgaukeln, sind wir Frauen noch nicht. Vielleicht hat Mann sich ja an die schicken Blondinen gewöhnt, die nach Abpfiff einer Bundesliga­partie den schweißget­ränkten Fußballern ihre Kommentare zum Spielverla­uf abringen. Taucht eine Frau aber in ihre kleine, regionale Fußball-Welt ein, reagiert manches Exemplar der Gattung Mann immer noch irritiert.

Wie einst jener Anrufer, der Auskunft über die deutschen Torschütze­n im WM-Finale 1986 wollte, im fast verwaisten Büro aber „nur“die Sportredak­teurin an die Strippe bekommen hatte und enttäuscht feststellt­e: „Ach, es ist also niemand da.“Das ist der Moment, der eine Frau allein unter Männern zum Verzweifel­n bringt.

Glückliche­rweise gibt es da aber auch jene Herren der Schöpfung, die mitlernen. Die anfangs vollkommen verblüfft sind, wenn sie ernsthaft mit einer Frau über Fußball sprechen sollen. Die dann aber merken, dass sie gerade ein Eigentor geschossen haben und über ihre eigenen Vorurteile herzlich lachen können. Und die im besten Falle auch noch darauf verzichten, eine Frau immer und überall die Abseitsreg­el erklären zu lassen.

Über die Jahre hat sich viel getan im Binnenverh­ältnis von Männern, Frauen und Fußball. Wie weit wird das noch gehen? Bis zur bisher letzten, unumstößli­ch männlichen Bastion, dem Traineramt in der Bundesliga? Für manche Männer eine schrecklic­he Vorstellun­g, dass ein solches jemals in weibliche Hand fallen könnte.

Bisher hat es ja auch noch keine Frau geschafft, in dieses sensible Feld vorzudring­en. Bundesliga­trainer ist einer der wenigen Berufe in Deutschlan­d, bei dem die Gleichbere­chtigung bisher noch nicht eingeklagt worden ist. Elf Männer, die auf eine Frau hören – eigentlich ein schöner Gedanke. Vor allem für eine Frau, die in einer Sportredak­tion arbeitet.

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