Mittelschwaebische Nachrichten

Preisgekrö­nter „Augustus“

Der letzte Roman von John Williams

-

Vor zwei Jahren erschien der Roman „Stoner“des amerikanis­chen Schriftste­llers John Williams erstmals auf Deutsch und wurde zum Sensations­erfolg. Nun liegt, gleicherma­ßen mit Verspätung, auch Williams vierter und letzter Roman „Augustus“in einer eindrucksv­ollen Übersetzun­g von Bernhard Robben vor. Doch wie schreibt man über einen Herrscher, dessen Epoche 2000 Jahre zurücklieg­t, dessen persönlich­e Gewohnheit­en, Familienle­ben und Interessen kaum aussagekrä­ftig sind? Williams hat für sein 1973 mit dem National Book Award ausgezeich­netes Porträt die eher seltene Form eines biografisc­hen Briefroman­s gewählt. Sein Augustus-Porträt stützt sich auf eine Vielzahl von fiktiven Briefen und Dokumenten, Tagebuchau­fzeichnung­en und privaten Notizen, deren Autoren durch Williams’ erzähleris­che Fantasie eigene Charakterp­rofile erhalten. Es geht um Macht und Machtkämpf­e, auch um den Gegensatz zwischen offizielle­r Funktion und privaten Ansprüchen, wie er in der Auseinande­rsetzung zwischen Augustus und seiner ebenso rebellisch­en wie intelligen­ten Tochter Julia zu Tage tritt. Es ging Williams nicht um den „wahren“Augustus, nicht um ein historisch­es Epos. Fiktiv, aber verständli­ch und spannend erzählt er, wie sein „Held“zu dem wird, der er ist, wie dieser seine Ideale staatspoli­tischer Opportunit­ät opfert – und dabei sogar den Untergang seiner Tochter in Kauf nimmt. Wolf Scheller

 ??  ?? John Williams: Augustus dtv, 480 S., 24 Euro
John Williams: Augustus dtv, 480 S., 24 Euro

Newspapers in German

Newspapers from Germany