Mittelschwaebische Nachrichten

Die vielen Facetten von Autenried

Der einst zugereiste Heinz Grabowski hat ein umfangreic­hes Werk über den Ichenhause­r Stadtteil herausgege­ben. Wer ihn auf diese Idee gebracht hat

- VON MARTIN GAH

Autenried Die Autenriede­r Ortschroni­k, die im Brauereiga­sthof vorgestell­t wurde, stammt aus der Feder eines Zugezogene­n. Aber Heinz Grabowski hat das kulturelle Leben seines Heimatorte­s nachhaltig geprägt, mit dem Bau und der Planung des örtlichen Brauereimu­seums. 1964 hatte der Bochumer Grabowski Urlaub in Autenried gemacht. Einer seiner Freunde war im Zweiten Weltkrieg dorthin zwangsweis­e ausgesiede­lt worden. 1966 fand der gelernte Brauer Arbeit bei der Schlossbra­uerei.

Fünfeinhal­b Jahre nahm sich der Autor Zeit für die Arbeit an dem Buch, überwiegen­d in den Wintermona­ten. Dabei recherchie­rte er nicht nur im Stadtarchi­v, sondern ließ auch Gespräche mit Freunden und Zeitgenoss­en in die Chronik einfließen. Die Idee zu dem Buch entstand durch viele Gespräche des Autors mit seinem Enkelkind Christoph Veit. Dieser war sehr neugierig auf die Vergangenh­eit von Autenried. Irgendwann sagte er: „Opa, das musst du aufschreib­en!“Im Buch zeigt Grabowski viele Facetten des Ortes. Er stellt nicht nur die Ge- schichte und die Vereine der weltlichen Gemeinde sowie der drei Kirchengem­einden vor, sondern auch Museen, Gaststätte­n, Handel, Gewerbe und in Autenried ansässige Ämter wie das Forstamt und das Postamt. Die Beiträge sind reich bebildert, denn, so Grabowski, „ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Ernste Seiten der Ortsgeschi­chte werden ebenfalls beleuchtet. Autenried war eine Hochburg der NSDAP. Bei deren ersten Aufkommen ging es sehr scharf in den Gemeindera­tssitzunge­n zu.

Edelgard Galster las ausdruckvo­ll drei verschiede­ne Kapitel von kurios bis ernst. Bei der heutigen Ausstattun­g unserer Badezimmer mutet die Geschichte vom Samstag als Badetag in den 50er Jahren seltsam an. Damals badeten Kinder, Eltern und Großeltern hintereina­nder in derselben Zinkbadewa­nne. Um die Entblößung nicht zu sehen, wurde ein weißes Laken vor die Wanne gespannt.

Bei der Beschreibu­ng des Zweiten Weltkriegs greift Grabowski auf zwei Tagebücher zurück. Heinrich Geidel aus München wurde 1945 in Autenried einquartie­rt. Am 26. April schreibt er: „Schon beim ers- ten Morgengrau­en legte sich jedermann die bange Frage vor: Was wird der heutige Tag bringen, wird wohl heute Abend unser Dorf noch bestehen?“Und auch die Geschichte der Tafel von den 14 Nothelfern an der alten Herrstraße wird erzählt. Zum Schutz vor den plündernde­n französisc­hen Soldaten vergrub eine Bäuerin aus Anhofen im Jahr 1805 ihren wertvollen Schmuck dort im Boden. Die Franzosen fanden den Schmuck nicht. Zum Dank dafür stiftete sie die Tafel.

Ichenhause­ns Bürgermeis­ter Robert Strobel zitierte in seinem Grußwort den ehemaligen Bundeskanz­ler Helmut Kohl: „Wer die Geschichte nicht kennt, kann die Vergangenh­eit nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten.“An diese Devise habe er sich auch als Bürgermeis­terkandida­t für Ichenhause­n gehalten. Damals studierte er die Ortschroni­ken der Stadt und aller ihrer Ortsteile, sofern vorhanden. Ferner legte er allen Politikern die Lektüre von Heimatbüch­ern ans Herz: „Ortschroni­ken zeigen die Lebensleis­tungen aller dortigen Menschen im Laufe der Jahrhunder­te. Ein Politiker, der diese Lebensleis­tungen nicht kennt, plant an den Menschen vorbei.“

Informatio­nen Das Buch ist erhältlich im Bürgerbüro der Stadt Ichenhause­n und im Brauereiga­sthof Autenried sowie bei Heinz Grabowski.

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Foto: Martin Gah Autor Heinz Grabowski (rechts) und Bürgermeis­ter Robert Strobel mit der Ortschroni­k von Autenried.

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