Mittelschwaebische Nachrichten
Sein gutes Deutsch war entscheidend
Zabi flüchtete aus Afghanistan. In Krumbach hat er jetzt eine Ausbildung in seinem Traumberuf gefunden
Krumbach Am 22. August 2015 kam er in München an, fand für fünf Tage Aufnahme in einem Auffanglager, verbrachte anschließend sechs Monate in einem Heim für minderjährige Flüchtlinge in Günzburg und wurde schließlich zusammen mit neun Gleichaltrigen in ein leer stehendes Haus in Waldstetten verlegt. Die Rede ist von Hashemi Sayedzabi – oder einfach Zabi, wie er an seinem neuen Arbeitsplatz liebevoll genannt wird. Der 18-Jährige stammt aus der Umgebung der afghanischen Hauptstadt Kabul und hat am 1. September bei der Ingenieur-Gesellschaft Kling Consult Krumbach eine Lehre als Bauzeichner begonnen.
Seine Flucht, zusammen mit einem ein Jahr älteren Freund, begann im April 2015. Zurück in der Heimat ließ er Mutter und drei Brüder, einer besitzt einen kleinen Lebensmittelladen, die anderen zwei sind jünger. Der Vater war Polizist und starb im Zusammenhang mit den kriegerischen Auseinandersetzungen bereits vor zehn Jahren. Man merkt dem jungen Mann an, dass er über das Schicksal seiner Familie und die gegenwärtige Situation in Afghanistan nicht viel sagen kann oder will. Wöchentlich einmal telefoniert er mit seiner Mutter, sagt Zabi.
Über die Türkei begann die zweimonatige „Reise“, die ihn durch Griechenland, Serbien, Ungarn, Österreich und schließlich nach Deutschland führte. In Günzburg besuchte er einen Deutsch-Kurs und nutzte jede Möglichkeit zur Verbesserung der Sprachkenntnisse. An der Ichenhauser Mittelschule absolvierte er ein sechswöchiges Praktikum und bestand den für ihn wichtigen Schulabschluss mit Bravour. Denn zuhause gibt es nur eine Art Volksschule, die er aber wegen der Flucht vorzeitig beendete.
Zugute kam ihm, dass Kling Consult Fachkräfte für unterschiedliche Bereiche sucht. Die ersten Kontakte erfolgten über das Berufsförderungszentrum (BFZ) in Günzburg. Zabi wurde dem Krumbacher Unternehmen vorgestellt. Drei Tage Probearbeit verliefen für beide Seiten positiv, sagt Teamleiter Bernhard Betzl: „Ich war überrascht von seinen deutschen Sprachkenntnissen, denn er redet praktisch perfekt deutsch und versteht jedes Wort. Ich jedenfalls bin sehr zufrieden mit ihm.“Zabi zeigt sich gleichfalls glücklich: „Es ist einfach super, die Arbeit macht großen Spaß und für mich war das schon immer der Traumberuf.“
Die amtlichen Regularien waren rasch abgearbeitet. Der junge Mann besitzt jetzt einen dreijährigen Ausbildungsvertrag zum Bauzeichner, ist gleichberechtigt gegenüber den Kollegen, was auch für die Bezahlung gilt. Inzwischen hat er schon eine Woche Blockbeschulung an der Augsburger Berufsschule hinter sich. Zu seinem Aufgabengebiet am Arbeitsplatz gehören das Zeichnen von Erschließungsplanungen zur Ver- und Entsorgung von Wohnund Gewerbegebieten. Betzl: „Von den Ingenieuren erhält er die Anweisungen, die er dann auf dem Plan umsetzt“. Von enormer Bedeutung: Auch mit dem Computer weiß Zabi perfekt umzugehen. Finanziell kommt der junge Afghane nach eigenen Aussagen gut über die Runden. Von seiner Ausbildungsvergütung hat er zwar 75 Prozent an das Günzburger Jugendamt abzugeben. Dafür werden ihm monatlich 200 Euro für Verpflegung, Kleidung sowie Taschengeld aufs Konto überwiesen, dazu kommt bisher noch die kostenlose Wohnung. In wenigen Monaten wird Zabi das Waldstetter Haus aber verlassen, da er als Volljähriger ausziehen muss. Schon jetzt ist sich Betzl sicher: „Kling Consult wird ihm bestimmt behilflich sein, ob er in ein Wohnheim für Immigranten zieht oder privat ein Zimmer nimmt.“
Die Unternehmensleitung jedenfalls ist bemüht, diesen Weg zur Heranbildung von Fachkräften weiter zu beschreiten, wie die Geschäftsführer Markus Daffner und HansGünther Kanderske betonen. Ihre Gründe: Praktizierte Integration junger Migranten und Heranbildung wertvoller und notwendiger Fachkräfte. Nicht zuletzt erhält das Unternehmen auch Hilfe für diese Integrationsleistung: Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt für bis zu einem Jahr Teile des Lohns, den der Arbeitgeber zahlt.