Mittelschwaebische Nachrichten
39 Prozent der CSU Anhänger lehnen Merkel ab
Kanzlerkandidatur spaltet die Partei. Opposition im Landtag spottet über Seehofer
München Merkel oder nicht? Diese Frage spaltet die CSU offenbar auch nach der Entscheidung des CSUVorstands, sich hinter die CDUChefin als gemeinsame Kanzlerkandidatin der Union zu stellen. Nach einer Umfrage des Hamburger Meinungsforschungsinstituts GMS im Auftrag von Sat.1 lehnen 39 Prozent der CSU-Anhänger in Bayern Merkel als Kanzlerkandidatin ab. Das sorgt für einige Unruhe in der Partei und für bissige Kommentare ihrer politischen Gegner.
CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich auf Anfrage unserer Zeitung wenig überrascht von dem Umfrageergebnis. „Das war doch zu spüren, wenn man mit offenen Ohren in den letzten Monaten in Bayern unterwegs war. Es gibt zwei Denkrichtungen, die jeweils so stark sind, dass man sie nicht vernachlässigen kann“, sagte Seehofer. Er setzt darauf, dass die Spaltung, die sich mit dem Dauerstreit um den richtigen Kurs in der Flüchtlingspolitik verfestigt hat, wieder überwunden werden kann: „Diese Lager zusammenzuführen, ist – wie so oft – die Aufgabe der nächsten Monate.“
Viele Mitstreiter springen ihm zur Seite. Der Vize-Generalsekretär der CSU, Markus Blume, sagte gestern im Landtag: „Die Lage ist nicht ganz einfach, aber die Stimmung ist nicht schlecht.“Blume fordert von der Partei, jetzt den „Vorwärtsgang“einzulegen und den „Kampfanzug“anzuziehen. Ähnlich äußerte sich auch Finanzminister Markus Söder. „Es braucht noch viel Überzeugungsarbeit. Man muss auch das Herz des Wählers erreichen“, sagte Söder und appellierte: „Die Umfrage sollte Ansporn sein, leidenschaftlich Wahlkampf zu machen.“
Dass die CSU in der Umfrage immer noch bei starken 44 Prozent liegt, beruhigt die Partei nicht wirklich. Neben der Skepsis gegenüber Merkel gibt es nämlich noch einen weiteren Befund, der als irritierend empfunden wird: Immerhin 44 Prozent der Wähler in Bayern glauben auch, dass bei der Bundestagswahl der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz das Rennen gegen Merkel gewinnen könnte. Es werde für CSU und CDU deshalb weitaus mehr als in früheren Wahlkämpfen darauf ankommen, die eigene Wählerschaft zu mobilisieren – und das könne schwierig werden, wenn schon ein großer Teil der eigenen Anhänger nicht von Merkel überzeugt sei.
Die Opposition im Landtag reagierte mit bissigem Spott. „Herr Seehofer hat sich als Chefstratege der CSU dramatisch verzockt. Wer zwei Jahre lang die Kanzlerin nach allen Regeln der Kunst demontiert, darf sich nicht wundern, wenn das Wirkung zeigt“, sagte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher. Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause: „Da hat Herr Seehofer ganze Überzeugungsarbeit geleistet. Das fällt ihm am Ende jetzt selbst auf die Füße.“Und Hubert Aiwanger, der Chef der Freien Wähler, wagt sogar eine eindeutige Prognose: „Der nächste Kanzler wird nicht Merkel heißen.“Er könne der Union nur den Tipp geben, „das Pferd noch einmal zu wechseln.“»Kommentar und Bayern