Mittelschwaebische Nachrichten
Immer mehr Flaschen
Brauereien führen immer neue Formen für Bierflaschen ein. Damit hat sich die Branche ein Riesenproblem eingehandelt
München Weil immer mehr große Brauereien in Deutschland im Zuge des Craft-Beer-Trends auf spezielle, von der Norm abweichende Flaschen setzen, wird es für andere Brauereien teurer, an ihre Standardflaschen zu kommen. Die Flaschen wechseln im Pfandsystem zwischen Unternehmen hin und her. Doch immer mehr Flaschen können nur noch von einzelnen Brauereien befüllt werden – schließlich will keine Brauerei ihr Bier in der speziellen Flasche eines Konkurrenten anbieten. „Die individualisierten Flaschen sind dem Mehrweg-System damit quasi entzogen“, sagt Detlef Projahn, Präsident des Verbands Private Brauereien und Chef einer Brauerei in Thüringen.
Hintergrund: Das Sortieren der Pfandflaschen wird vom Getränkefachgroßhandel mit speziellen Maschinen übernommen. Einige Brauereien sortieren die verschiedenen Flaschen aber auch selbst aus ihren Kästen heraus. Bezahlt wird die Sortierleistung in beiden Fällen von den Brauereien. Der Aufwand werde immer größer: „Es gibt einen klaren Trend hin zur individualisierten Flasche“, sagt Thomas Fischer, Leiter des Bereichs Kreislaufwirtschaft der Deutschen Umwelthilfe. Speziell bei kleinen Brauereien verursacht das höhere Kosten, denn nach der Sortierung müssen die Brauereien die für sie unpassenden Flaschenformen wieder loswerden. Projahn erklärt das Problem anhand seiner Brauerei: „Ich verkaufe jede Woche rund 26000 Pfandflaschen, die ich selbst bei der Abfüllung nicht gebrauchen kann.“
Die Käufer sind in diesem Fall Firmen, die sich auf das Sortieren und Beliefern der Brauereien mit passenden Flaschen spezialisiert haben. Das Problem: Während die Brauerei bei der Rückkehr der Flasche die acht Cent Pfandwert zahlen musste, erhält Projahn beim Weiterverkauf der falschen Flasche an ein Sortierunternehmen nur rund drei Cent – und macht allein durch den unrentablen Verkauf jede Woche 1300 Euro Verlust.
Je mehr große Brauereien sich für individuelle Flaschen entscheiden, desto größer werde das Problem für kleine Brauereien. Ende 2016 hat auch der Riese Krombacher eine neue 0,5-Liter-Flasche eingeführt. Prägungen im Glas machen das Gebinde unverwechselbar – und damit unbrauchbar für alle anderen Brauereien. 130 Millionen der Flaschen hat der Konzern auf den Markt gebracht. Nach Schätzungen des Deutschen Brauer-Bundes sind insgesamt drei bis vier Milliarden GlasMehrwegflaschen im Brauwesen im Umlauf. Eine Marketing-Maßnahme soll die Einführung der neuen Flasche nicht gewesen sein, beteuert Krombacher-Sprecher Franz-Josef Weihrauch. Denn auch die Brauerei aus dem Sauerland hat Probleme mit dem bestehenden Flaschen-Austauschpool. „Wir haben die neue Flasche schweren Herzens eingeführt, da es keine Einigung für einen neuen Flaschenpool gab“, sagt Weihrauch. Rund 60 Millionen Flaschen habe Krombacher in den Jahren 2014 und 2015 neu ins System eingespeist, um die abgenutzten Flaschen im Kreislauf zu ersetzen. Nun wollte man sich der Unterstützung anderer Brauereien versichern. (dpa)