Mittelschwaebische Nachrichten
Spieler für die besonderen Momente
Tore von den Außenpositionen zu erzielen ist nicht ganz einfach. Um effizient zu agieren, brauchen Spieler Sprungkraft und ein Näschen für Gegenstöße
Landkreis Wenn die Günzburger Handballer Offensivsysteme trainieren, werden die Spieler auf den Links- und Rechtsaußenpositionen schon mal durch aufblasbare Puppen ersetzt. Doch wer aus dem wenig schmeichelhaften Ersatz für die Spieler aus Fleisch und Blut auf deren Wichtigkeit im Spiel schließt, der irrt. Denn die Außen sind die Spezialisten für die besonderen Momente.
Einer dieser Momente ist die Balleroberung: Wenn Niederraunaus Torwart Maxi Jekle einen Wurf pariert oder die Abwehr einen Pass abfängt, sprintet Mathias Waldmann los Richtung gegnerisches Tor. Im Idealfall erreicht ihn ein langer Pass aus der eigenen Hälfte und er steht alleine vor dem gegnerischen Schlussmann. „Einen guten Außenspieler macht aus, dass er weiß, wann er loslaufen muss“, sagt Waldmann. Die meisten seiner Tore erzielt ein Außen im Gegenstoß.
Steht die Abwehr erst einmal, wird es schwierig. Denn die Spieler müssen meist ihre Position in der halten, damit die Abwehr möglichst weit auseinandergezogen wird. Und den Gegner im Eins-gegen-Eins zu schlagen und dann auch noch aus spitzestem Winkel am Torwart vorbei zu werfen, ist fast unmöglich.
Doch in der Bayernliga werden die Gegenstöße seltener. Die gegnerischen Abwehrreihen laufen schneller zurück und stellen sich besser auf die Laufwege der Gegenstoßspieler ein. So wird mancher lange Pass sofort wieder abgefangen. „Zudem erfordert ein Gegenstoß meist mehr Risiko in der Abwehr, was für einen Aufsteiger auch nicht ideal ist“, sagt Raunaus Coach Markus Waldmann.
So müssen die Trainer Wege finden, um ihre Außenspieler offensiv effektiv einbinden zu können. Denn Mathias Waldmann gehört zu den treffsichersten Werfern bei Raunau und auch Jonas Lehr hat in Günzburg schon sein sicheres Händchen im Abschluss bewiesen. Am ein- fachsten geht das bei eigener Überzahl. Hier halten die Außen ihre Position und warten auf den Pass. Denn die Gegner müssen zuerst die Mitte dicht machen und kommen meist zu spät, wenn der Ball nach außen gepasst wird.
In diesem Fall kommt die zweite Kernkompetenz neben dem Näschen für Gegenstöße zum Tragen: die Sprungkraft. „Man versucht immer, möglichst weit in die Mitte zu springen, um den Winkel zu vergrößern“, erklärt Jonas Lehr. Dann muss sich der Werfer entscheiden, wie er den Ball platziert. Passt er ins kurze Eck? Ist am langen Pfosten eine Lücke? Oder bedient man sich eines Trickwurfs, um den Torwart zu narren?
Mathias Waldmann hat einen guten Dreher im Repertoire, bei dem der Ball mit viel Schnitt am Boden um den Schlussmann herum gezwirbelt wird. Jonas Lehr schätzt den Leger, bei dem die Kugel ohne den ganz großen Druck im Wurf über den Kopf des Keepers gezirkelt wird. Wie bei allen Tricks gilt allerdings – man darf sie nicht zu oft anwenden, sonst stellt sich der KonEcke trahent darauf ein. Speziell geübt werden diese Trickwürfe nicht. „Die hat man als Kind bei den Spielern der ersten Mannschaft gesehen und macht sie selbst im Training nach. Irgendwann hat man die Würfe drauf“, sagt Mathias Waldmann.
Sowohl er als auch Jonas Lehr spielen seit vielen Jahren auf der Außenposition. „In der Jugend habe ich noch im Rückraum gespielt, aber dafür bin ich eigentlich zu klein. Deshalb habe ich gewechselt“, sagt Mathias Waldmann. In Sachen Sprunggewalt verkörpern beide den idealen Spielertypus für die Position.
Um den starken Abwehrreihen in der Bayernliga beizukommen, binden die Trainer ihre wurfstarken Außen auch über Spielzüge ins Angriffsspiel ein. Vor allem Mathias Waldmann tauscht häufig den Platz mit einem Spieler auf der Halbposition und kann so Angriffe mit seiner Dynamik vorantreiben. Auch in der zweiten Welle nach dem Gegenstoß soll er der Antreiber sein.
Man sieht – die echten Außenspieler sind mit den Aufblas-Kameraden nicht zu vergleichen.