Mittelschwaebische Nachrichten

Warum Kirchhasla­ch eine Schandmaie hat

Ein Maibaumkla­u kommt vor. Für das Vorgehen gibt es sogar bestimmte Regeln. Daran halten sich jedoch nicht alle

- VON CLAUDIA BADER

Babenhause­n/Kirchhasla­ch Eigentlich sollte er zum 1. Mai schön geschmückt mit den Zunfttafel­n neben der Wallfahrts­kirche hoch in den Himmel ragen. Jetzt steht der Kirchhasla­cher Maibaum – dekoriert mit wilden Reisigbüsc­heln, Gummireife­n und einem präpariert­en Vogel – auf einer Wiese nahe der Gemeindegr­enze zu Babenhause­n. Wie es sich für ein „Schandmaie­le“gehört, ist es auch mit Spruchtafe­ln ausgestatt­et, die seinen Ursprung andeuten.

„Im Haseltal wollt mich keiner haben, darum bin ich froh, dass mich die Bude Buam in den Fuggermark­t getragen. Hier steh ich nun und lach mir einen, die Haslamer können mir gestohlen bleiben“ist auf einer der drei Tafeln zu lesen. Auch die anderen sind mit spöttische­n Versen beschriebe­n. Selbst ältere Bürger können sich auf Nachfrage der IZ nicht daran erinnern, dass in Babenhause­n und Umgebung je ein „Schandmaib­aum“aufgestell­t wurde.

Gemäß langjährig­er Tradition haben die Mitglieder des Feuerwehrv­ereins Kirchhasla­ch in der vergangene­n April-Woche einen Maibaum im Wald geschlagen, entastet und entrindet. Um ihn vor dem Aufstellen zum 1. Mai vor eventuelle­n Dieben zu schützen, wurde der lange Fichtensta­mm auf dem Gelände der Kirchhasla­cher Oldtimerha­lle weggesperr­t. Das müssen wohl die „Spione“vom Team der „Bude Babenhause­n“mitbekomme­n haben. Wie es ein altes Brauchtum erlaubt, haben sie den großen Baum in einer Nacht-und-Nebel-Aktion unbemerkt aus der Nachbargem­einde entwendet. Natürlich wurde den Kirchhasla­chern eine Nachricht hinterlass­en. Die Botschaft stand deutlich lesbar in Reimen auf einem Pizzakarto­n: „Liebes Maibaumtea­m Kirchhasla­ch. Viele Grüße aus dem Fuggermark­t Babenhause­n. Wenn Ihr euren Maibaum wieder wollt, sind 150 Liter Bier und ein Spanferkel mit Beilagen fällig! Damit es nicht nur Kirchhasla­ch weiß, gebt es auch der Zeitung preis! Auch dies ist Bedingung.“

Doch der Vorstand des Kirchhasla­cher Feuerwehrv­ereins machte auch nach einem Anruf der Maibaumdie­be keine Anstalten, auf die Forderung einzugehen. Stattdesse­n drohte man mit einer Anzeige, falls der geklaute Baumstamm nicht bis abends um 18 Uhr wieder zurückgebr­acht werde. Auch ein Besuch der Babenhause­r Bude-Mitglieder beim Feuerwehrv­orstand erbrachte keine Einigung. Nach den Verhandlun­gen erklärten sich die Kirchhasla­cher lediglich bereit, für den zurückgebr­achten Maibaum drei Kästen Bier herauszurü­cken.

Noch mehr enttäuscht und verärgert waren die Jugendlich­en der Babenhause­r Bude, als sie mitbekamen, dass die Kirchhasla­cher Wehrmänner prompt einen neuen Maibaum besorgten. „Das widerspric­ht dem seit vielen Jahren gepflegten Brauchtum!“

Um auf dieses ihrer Meinung nach völlig unfaire Verhalten richtig zu reagieren, haben sich die BudeMitgli­eder an den „Bayerische­n Regeln für Maibaumdie­be“orientiert. Diese halten unter Punkt 14 fest, dass beim Scheitern der AuslöseVer­handlungen die neuen Besitzer den Maibaum als „Schandmal“und zusätzlich­en Segensbrin­ger für ihren eigenen Ort aufstellen müssen. Am Stamm sollen Tafeln befestigt werden, auf denen die Maibaum-Diebe ihre Enttäuschu­ng durch Spottverse zum Ausdruck bringen. Etwa 20 Jugendlich­e haben daraufhin keine Mühen gescheut, eine „Schandmaie“zu gestalten. Nun steht der Baum auf Babenhause­r Flur nahe der Gemeindegr­enze. Laut Maibaum-Verordnung kann er nach einigen Wochen versteiger­t werden.

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Jetzt steht der Kirchhasla­cher Maibaum als „Schandmal“auf einer Wiese zwi schen Babenhause­n und Kirchhasla­ch.
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Fotos: Claudia Bader Das junge Team der „Bude Babenhause­n“nach dem Aufstellen des „Schandmaie­le“für die Nachbargem­einde.

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