Mittelschwaebische Nachrichten
Meiste Energie wird im Wohnbereich verbraucht
Deisenhausen könnte 200 Prozent seiner benötigten Energie selber erzeugen. Investoren gesucht
Deisenhausen Insgesamt 19 Maßnahmen zur Energieeffizienz und -einsparung erarbeitete ein siebenköpfiges Energieteam der Gemeinde Deisenhausen in einem Dreivierteljahr im Rahmen der Aufstellung eines Energiekonzeptes. Sie wurden im Vereinsheim Bleichen der Öffentlichkeit vorgestellt.
Besonders interessierte die rund 30 anwesenden Bürger der Aufbau von Nahwärmenetzen. Die das Energiekonzept begleitenden Renergie-Fachleute Thomas Brutscher, Florian Weh und Thomas Hartmann erläuterten Realisationsmöglichkeiten und die zu erwartenden Kosten. Gesucht sind nun Leute, die mitmachen und investieren wollen.
Zu Beginn dieser Energienutzungsplan-Abschlussveranstaltung stand eine Bestands- und Potenzialanalyse zum derzeitigen EnergieIstzustand in der Gemeinde. Die meiste Energie, sowohl im Stromals auch im Wärmeverbrauch, wird im Bereich des Wohnens verbraucht. Woher kommt die Energie? 54 Prozent werden durch Heizöl erzeugt, beachtliche 37 Prozent durch Stückholz, vier Prozent durch Holzpellets, 2,5 Prozent durch Wärmepumpen und ein Prozent durch Hackschnitzel. Interessant war auch, dass der Energieverbrauch durch den Straßenverkehr fast so hoch ist wie bei der Energieversorgung der Wohnungen.
Über 14 000 Megawattstunden (MWh) werden durch Straßenverkehr und landwirtschaftliche Fahrzeuge gebunden und belasten gleichzeitig mit rund 5000 Tonnen gesundheitsschädlichem Kohlendioxid die Umwelt. Doch dies müsse nicht so sein, rechneten die Fachleute vor. Wenn in Deisenhausen das ganze Erzeugungspotenzial an Biomasse, Fotovoltaik (PV) und Solarthermie, Geothermie, Abwärme Wasser- und Windkraft genutzt würde, könnten über 200 Prozent des Eigenbedarfs in der Gemeinde selbst erwirtschaftet werden.
sind nun die Möglichkeiten der Energiesteigerung? Genannt wurden PV-Freiflächenanlagen an Autobahnrandstreifen, auf versiegelten Flächen oder Konversionsflächen (Altdeponien). Für letzteres Beispiel stünde auf einer ehemaligen Deponie der Gemeinde eine Fläche von über 6000 Quadratmetern zur Verfügung. Mit einer angrenzenden Privatfläche von 7000 Quadratmetern könnten dort mit einer PV-Anlage 870 MWh Energie erzeugt werden.
Forciert werden könne weiterhin das solare Potenzial auf den Dachflächen. Landwirte könnten zusammengehen und mit nicht verwerteter Gülle von 12 300 Tonnen im Jahr 594 MWh Strom sowie 891 MWh Wärme erzeugen, wurde vorgerechnet.
Weitere Möglichkeiten der Energienutzung böten sich in der Landwirtschaft über Biogasanlagen, gefüttert mit Nutzpflanzen oder über Rohstoffe aus schnell wachsenden Baumarten. Die Möglichkeiten der Windkraft wurden nur kurz gestreift, da sie offenbar in der Gemeinde wenig Befürworter hat und zudem das Windvorranggebiet Bleichen keine Aussicht auf Realisierung hat. Zudem könnte der Energieverbrauch im Straßenverkehr knapp um die Hälfte verringert werden, wenn 75 Prozent der Fahrzeuge auf Elektroantrieb umgestellt würden.
Das zentrale Thema des Abends war die Möglichkeit von Nahwärmenetzen, gespeist durch Biomasse und Flüssiggas. Untersucht wurden Standorte im Süden, Osten, Norden und in der Mitte (Dorfplatz) Deisenhausens und rund um das Vereinsheim in Bleichen. Je nach Anzahl der Anschlussnehmer und der Leitungslänge kommen zwischen 270 000 und einer Million Euro auf mögliche Investoren zu. Unter Berücksichtigung der Verzinsung und Unterhaltungskosten errechnet sich ein Strompreis zwischen acht und zehn Cent pro Kilowattstunde. Das bedeutet zwar gegenüber dem HeizWo öl keine wesentliche Kostenersparnis, bringe aber andere Vorteile: Schutz der Umwelt, Unabhängigkeit, Sicherheit, weniger Stress (kein Heizölkauf, keine eigene Heizanlage mit möglichen Reparaturen) und die Wertschöpfung verbleibe in der Region.
Weitere Energieersparnis lasse sich erreichen durch die energetische Sanierung von Dächern, Außenwänden, Fenstern, Kellern oder dem Austausch von Heizungspumpen, wobei immer ein Gesamtkonzept am Anfang der Sanierung stehen sollte. Es wurde vorgestellt, dass die Sanierung der „Alten Schule“in Deisenhausen auf 130 000 Euro komme. 65000 Euro fallen für energetische Maßnahmen an. Dieser Betrag würde sich in knapp zwölf Jahren amortisieren und 49 Prozent Endenergie und 96 Prozent Primärenergie einsparen.
In der abschließenden Diskussion kristallisierte sich ein großes Interesse an einer Nahwärmeversorgung heraus. Am liebsten sähen es die Bürger, wenn die Gemeinde selbst in Vorleistung gehen und als Investor auftreten würde. Doch dem gibt Bürgermeister Norbert Weiß keine Chance. „Die Gemeinde wird selbst kein Fernwärmenetz bauen“, war eine klare Auskunft. Selbst müssen die Bürger anpacken, forderte er, als Einzelperson, zusammen mit anderen oder in einem großen Bürgerprojekt.
Der vorgeschlagene Maßnahmenkatalog wird in Kürze mit dem Mitteilungsblatt an alle Haushalte verteilt, gab Weiß bekannt. Möglichst schnell sollten dann die Bürger an die Gemeinde rückmelden, für welche Themen Interesse bestehe.
Diese würden dann an Infoabenden aufgearbeitet oder fänden beim Energie-Erlebnistag am 8. Oktober besondere Berücksichtigung. Außerdem, hob Bürgermeister Weiß abschließend hervor, werde die Umsetzung von Maßnahmen über das Energiekonzept gefördert und begleitet.