Mittelschwaebische Nachrichten
Wieder ein Endspiel für den Kapitän
In der Bundesliga musste der FCA schon einmal bis zum letzten Spieltag um den Klassenerhalt bangen. Paul Verhaegh erklärt, was das Team in kritischen Phasen auszeichnet
Augsburg Neu ist diese Situation für Paul Verhaegh nicht. Anders ja, aber nicht neu. Mit dem FC Augsburg bangte der Kapitän schon einmal am letzten Spieltag um den Verbleib in der Fußball-Bundesliga. Er weiß, wie sich ein Endspiel um den Klassenerhalt anfühlt. Welch nervlicher Druck auf den Schultern der Profis lastet. Vier Jahre ist es her, als die Augsburger durch ein 3:1 gegen Greuther-Fürth eine durchwachsene Spielzeit zu einem guten Ende führten. Jubelnd tollten die Spieler nach dem Schlusspfiff auf dem Rasen umher, Trainer Markus Weinzierl und Manager Stefan Reuter sahen sich Bierduschen ausgesetzt. Paul Verhaegh erinnert sich und betont: „Solche Momente bleiben als Fußballer im Kopf. Hoffentlich haben wir am Samstag einen ähnlich schönen Abschluss.“
Die Ausgangslage vor dem Auswärtsspiel bei der TSG Hoffenheim ist gegenüber 2013 weitaus vielversprechender. Allerdings muss der FCA heute auf Torhüter Marwin Hitz verzichten, dessen Hüftverletzung wie schon gegen Dortmund einen Einsatz nicht zulässt. Für ihn wird wieder Andreas Luthe spielen.
Die Augsburger müssen nicht gewinnen, bereits ein Punkt reicht ihnen zum Ligaverbleib. Auf Rechenspiele aber wollen sich weder Trainer Manuel Baum noch Manager Reuter und die Spieler einlassen.
Im Saisonendspurt hat die Mannschaft des FC Augsburg zu ihren Stärken gefunden, die sie wiederholt zum Klassenerhalt und sogar in die Europa League führten. Sie verteidigt kompakt und schaltet bei Balleroberung schnell in den Offensivmodus um. Vor allem aber zeigt sie jenen Siegeswillen, jene Leidenschaft und jene Hingabe, die sie über weite Strecken der Spielzeit vermissen ließ. Paul Verhaegh, dessen schwankende Leistungen beispielhaft für eine Saison mit Höhen und Tiefen stehen, spricht von „einer Saison mit vielen Problemen“, führt den Trainerwechsel, das anhaltende Verletzungspech, Misserfolg und fehlendes Selbstvertrauen an.
Warum die Mannschaft erst im Saisonendspurt wie ein entschlossener Klassenkämpfer auftritt, will Trainer Baum nicht genau benennen. Der 37-Jährige bleibt vage, erläutert lediglich, man habe einige Dinge anders gemacht. Welche, das wolle er erst nach dem erreichten Klassenerhalt preisgeben, teilt er mit. In der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden das Nichtabstiegsmotto „Augsburg hält zusammen“, das teambildende Kurztrainingslager am Chiemsee oder das Verteilen tausender weißer T-Shirts vor dem Schicksalsspiel gegen Hamburg. Für den Erfolg auf dem Rasen scheinen indes andere, interne Vorgänge wesentlich bedeutsamer gewesen zu sein. Führungsspieler wie Daniel Baier, Halil Altintop oder eben Verhaegh wurden wohl dieser Bezeichnung gerecht. Der 33-jährige Kapitän deutet dies jedenfalls an: „Wir sind in den letzten Wochen noch näher zusammengerückt und haben uns ab und zu mal ehrlich die Meinung gesagt.“
Der Verein ist sich einmal mehr in einer kritischen Phase der Saison treu geblieben, hat am Trainer festgehalten. Nach der Trennung von Dirk Schuster im Dezember hatte Verhaegh erklärt, der Mannschaft hätte unter diesem Trainer die Überzeugung gefehlt. Nach zwei Spielen als Interimstrainer machten sich die Profis für Baum als Dauerlösung stark. Verhaegh und Co. wussten folglich, noch einmal konnten sie in einer Saison nicht den Trainer verantwortlich machen. Nun standen noch stärker sie in der Pflicht. „Als wir liefern mussten, haben wir das hinbekommen“, bekräftigt Verhaegh fast schon trotzig.
In der entscheidenden Phase der Spielzeit, als der direkte Abstiegsrang drohte, trat zudem verstärkt Manager Reuter als Motivator auf. Bei Spielen ist er an der Seitenlinie mindestens so aktiv wie Trainer Baum. Vor dem Heimspiel gegen Köln richtete Reuter das Wort an die versammelte Mannschaft, dies wiederholte der 50-Jährige am Dienstag direkt auf dem Trainingsplatz. Grob zusammengefasst appellierte Reuter, zu punkten und sich nicht auf die Konkurrenten im Abstiegskampf zu verlassen.
2013 war der FCA dazu noch gezwungen. Weil Düsseldorf verlor, blieb Augsburg durch eigenen Sieg drin. Diesmal hat es der FC Augsburg vom Anpfiff weg selbst in der Hand, auch wenn Kapitän Verhaegh betont: „Es bleibt ein Endspiel.“Und damit bestätigt: Neu ist die Situation für ihn und den FCA nicht, anders ja.