Mittelschwaebische Nachrichten
Wenn der Lkw Fahrer nebenzu Kaffee kocht
Bei einer Kontrolle an der Autobahn-Rastanlage Leipheim weist die Polizei darauf hin, warum Ablenkung im Straßenverkehr so gefährlich sein kann. Dabei geht es nicht nur um die Nutzung von Handys oder Navigationsgeräten
Leipheim Es herrscht dichter Verkehr auf der Autobahn. Laster, Wohnwagen und Autos rasen an der Rastanlage Leipheim vorbei. „Zwei bis drei Sekunden Ablenkung können bei solch einem dichten Verkehrsaufkommen fatale Folgen haben“, sagt Wolfgang Jehle von der Verkehrspolizei Neu-Ulm. Zusammen mit etlichen Kollegen ist er am späten Donnerstagnachmittag an der Rastanlage und kontrolliert dutzende Fahrzeuge. Der Schwerpunkt liegt diesmal auf der Frage, ob die Fahrer konzentriert am Steuer sitzen oder sich zu sehr von anderen Dingen ablenken lassen. „In den vergangenen Jahren hat man erkannt, dass Ablenkung im Straßenverkehr der Grund für viele Unfälle ist“, erklärt Jehle. Das Ziel der Beamten ist es, dieses Bewusstsein auch bei den Autofahrern zu stärken. Und dabei ist es eben nicht nur das Handy, das die Konzentration des Fahrers vom Verkehr ablenkt. Ein Schluck aus der Trinkflasche, ein Gespräch mit dem Kleinkind auf dem Rücksitz oder ein Wechsel des Musiksenders am Radio – solche kleine Tätigkeiten oder Handgriffe sind es, die zwar nicht strafbar sind, aber im Extremfall eben doch die Ursache eines Unfalls sein können.
Vier Stunden lang sind knapp 20 Beamte im Einsatz. Sogenannte Fängerautos sind auf der A 8 unterwegs und halten Ausschau nach Verkehrssündern. Im Moment ist es ruhig.
Kein Fahrer telefoniert oder schreibt eine SMS am Steuer. Deshalb werden auch andere Fahrzeuge – vor allem ausländische Wagen mit Anhängern oder Busse – aus dem Verkehr gezogen und kontrolliert. Bei einem Auto mit ungarischem Kennzeichen und einem Anhänger, der ein rumänisches Kennzeichen führt, schauen die Beamten ganz genau hin. Nicht nur der Pass des Fahrers wird kontrolliert. Auch die Motorhaube wird inspiziert und die Fahrgestellnummer überprüft. Die Kontrolle dauert lange. Der Fahrer des Wagens wird sichtlich nervös. Doch am Ende lassen ihn die Beamten weiterfahren. „Wir haben nichts gefunden. Alles in Ordnung“, sagt einer der Polizisten, der eine blaue Schutzweste trägt, und winkt das Auto weiter.
Auf dem Parkplatz der Rastanlage klären seine Kollegen währenddessen Reisende auf, wie gefährlich eine kurze Ablenkung im Straßenverkehr sein kann. Dass man während der Fahrt nicht mit dem Handy telefonieren darf, wissen fast alle. Anders sieht es da mit der Bedienung des Navigationsgerätes aus. Darf der Fahrer während der Fahrt darauf herumtippen? „Das ist ein schwieriger Fall“, erklärt Günter Hohenwarter von der Verkehrpolizei Neu-Ulm. Strafbar sei es nicht. Aber bei einem Unfall werde es als mögliche Ursache angegeben. „Wie dann ein Gericht oder die Versicherung entscheidet, ist eine andere Sache.“Ausreden hören die Beamten während ihrer täglichen Arbeit genug. „Ich habe ja nur kurz geschaut“, sei die Häufigste, wenn Autofahrer nach einem Blick aufs Handy angehalten werden, berichtet Günter Hohenwarter. „Autofahren ist heutzutage schwere Arbeit“, findet er. Volle Konzentration ist gefordert.
Die Anzahl der Autos hat zugenommen. „Die Wegfindung ist mit dem Navi natürlich deutlich leichter, aber es lenkt eben auch ab.“Vielen Autofahrern ist das nicht bewusst. Zwei Autofahrer haben die Beamten am Donnerstabend erwischt, die während der Fahrt mit ihrem Handy telefoniert haben. Sie müssen jetzt Bußgelder in Höhe von jeweils 60 Euro bezahlen und bekommen je einen Punkt in Flensburg. Vier Leute waren außerdem nicht angeschnallt. Ansonsten sei es ruhig gewesen, berichtet Wolfgang Jehle auf Nachfrage. Skurrile Fälle, wie sich Auto- und Lasterfahrer ablenken lassen, kennt Günter Hohenwarter aber genug: Er berichtet von einem Autofahrer, der am Steuer eine Zeitung gelesen hat, oder einem Lastwagenfahrer, der während der Fahrt Kaffee gekocht hat. „Das ist alles schon vorgekommen.“
Ablenkung im Straßenverkehr ist derzeit bayernweit Schwerpunktthema. Es gibt – wie jetzt in Leipheim – verstärkt Kontrollen und mit einer Plakat-Aktion wird auf das Thema aufmerksam gemacht.