Mittelschwaebische Nachrichten
Die Frage der Woche
An den Aufschreien der Empörung und an der schnarrenden Aufgeregtheit der Wortmeldungen zeigt sich: Da hat der Finger in einer Kriegs-Wunde gebohrt, die noch übel eitert. Helmut Schmidt abhängen – das hat für manche die Dimension eines Sakrilegs. Als hätte man die Zugspitze geschliffen, Beckenbauer Hausverbot an der Säbener Straße erteilt oder die D-Mark nachträglich zu Falschgeld erklärt.
Gemach. Natürlich kann man sich fragen, warum erst jetzt die nicht ganz stubenreine Wehrmachtspflege in einer Bundeswehr entdeckt wurde, die es ja nun auch schon ein paar Dekaden gibt. Man hatte sich doch friedlich arrangiert mit dem verdünnten Gift. Damit, dass es so einen faulen Kompromiss der Duldung gab, für jene Wehrmachtsmänner und -traditionen, die irgendwie doch gutes Erbe gewesen sein sollen… Diese gefährlich schizophrene Aufspaltung in eine Art böse und – nun ja – im Wesen aufrichtige, aber „missbrauchte“Wehrmacht war gespenstisch. Und das nicht nur in der Rommelkaserne. Dass nun endlich das unwürdige Geeiere und widerwärtige Tarnund Versteckspiel diskutiert und aufgearbeitet wird, ist gut. Und wer den Wehrmachtsmantel des Verschweigens und Nischentolerierens wegreißen will, der muss konsequent sein. Deshalb ist es kein überzogener Bildersturm, der das Foto des Ex-Kanzlers Helmut Schmidt in Wehrmachtsuniform in einer Bundeswehr-Universität von der Wand gefegt hat. Sondern: eine Notwendigkeit. Eine Befreiung. Es zeigt sich, dass es genau dieses Symbols bedurft hat, um die ganze verschwurbelte, gefährliche Privatlogik offenzulegen, was nun harmlose und irgendwie „vorbildliche“Wehrmacht war und was hässliche und mörderische. Wer hier von Hexenjagd spricht, ist ein Geisterfahrer.