Mittelschwaebische Nachrichten
Mutter von der guten Botschaft
Welche Rolle das Gnadenbild von Rennes im Hundertjährigen Krieg spielte
Krumbach Kriege begleiten die ganze Menschheitsgeschichte. Immer ging es um Macht und Einfluss. Leidtragend war zu allen Zeiten der kleine Mann. Er musste hohe Steuern zahlen. Er wurde geplündert. Er wurde zu den Soldaten geholt. Er konnte froh sein, wenn er mit dem Leben davonkam. Kaum hatte er es mit Fleiß wieder zu einigem Vermögen gebracht, kam es wieder zu einem Krieg. Manche Kriege zogen sich Jahrzehnte dahin wie etwa der Hundertjährige Krieg zwischen England und Frankreich.
Der englische König, das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen, hatte große Besitzungen in Frankreich. Um diese durch Erbschaften erworbenen Besitzungen zu sichern, suchte man diese Gebiete noch zu erweitern. König Eduard III. von England begann deshalb 1339 einen Krieg, der die Eroberung der Bretagne zum Ziel hatte. Seit 1356 belagerte man Rennes. Die Engländer hofften, die Stadt zu erobern. Das hätte ihren Führungsanspruch bestätigt. Sie setzten deshalb neben Spionage und Bestechung auch auf militärische Taktik. Während sie gegen die Mauern der gut befestigten Stadt vergeblich anrannten, arbeiteten sie mit Hochdruck an einem unterirdischen Grabensystem, mit dem sie in die Stadt gelangen konnten, um auf diese Weise die Ergebung zu erzwingen.
Die Engländer waren kurz vor dem Ziel, als mitten in der Nacht des 8. Februar 1357 alle Glocken, wie von Geisterhand in Gang gesetzt, läuteten. Die Leute eilten zur Kathedrale, um zu erfahren, was denn der Anlass zu dem Sturmgeläut sei. Niemand konnte das sagen. Die Blicke richteten sich auf eine Marienfigur des Domes. Man hatte den Eindruck, sie bewege sich. Sie streckte ihre rechte Hand aus und wies auf eine Steinplatte hin. Daraufhin entfernte man die Steinplatte und musste zur Kenntnis nehmen, dass man im letzten Augenblick den geplanten Überfall der Engländer entdeckt hat. Er konnte nun vereitelt werden. Nicht nur Rennes war gerettet, sondern die gesamte Bretagne. Die Engländer zogen ab.
Die Statue der Gottesmutter wurde aber fortan als Gnadenbild verehrt. Es wurde eine eigene Kapelle gebaut. Das Gnadenbild erhielt den Titel „Unsere liebe Frau von der Guten Botschaft“. Im 17. Jahrhundert suchte die Pest die Bretagne heim. Wieder nahmen die Menschen bei der Gottesmutter ihre Zuflucht. Sie pilgerten 1632 nach Rennes. Der Bischof machte ein Gelübde. Würde die Pest überwunden, dann werde man alljährlich eine große Wallfahrt am 8. September zu dem Gnadenbild unternehmen. So hielt man es mehr als 150 Jahre. Doch dann kam nach 1789 der Sturm der Französischen Revolution. Kirchen wurden geschändet und die Reliquien von Heiligen vernichtet. Auch das Gnadenbild „Unserer lieben Frau von der Guten Botschaft“verschwand. Die Wallfahrt wurde verboten.
Kaum war der Spuk der Französischen Revolution vorüber, lebte die Wallfahrt wieder auf. Ein Künstler wurde beauftragt, wieder eine innige Marienfigur zu schnitzen. Es war allen klar, dass nicht die Figur das Entscheidende war, sondern die Gottesmutter im Himmel, die man als Fürsprecherin in allen Nöten anrief, so auch wieder nach dem Ausbruch der Cholera 1849. Ende des 19. Jahrhunderts entschloss man sich, eine große Wallfahrtskirche zu bauen. Sie wurde 1904 vollendet. In zwei Weltkriegen nahmen die Menschen erneut ihre Zuflucht bei der Königin des Friedens. Sie taten es wie vor ihnen der heilige Ludwig Maria Grignion oder Jeanne Jugan, nicht zuletzt Marcel Callo. (gsch)