Mittelschwaebische Nachrichten
Rhetorik als Waffe
Was macht Foucault in der Schwulensauna?
Einen Universitätsabschluss in Sprachwissenschaft braucht man nicht, um Laurent Binets jüngstem Roman zu folgen. Aber „Die siebte Sprachfunktion“ist sicher prickelnder zu lesen, wenn man Sartre, Foucault, Lacan, Bourdieu und einige andere der einflussreichen französischen Denker der 60er bis 80er Jahre nicht nur dem Namen nach kennt. Unterhaltsam ist die überdrehte Krimi-Persiflage in jedem Fall: Auch Kommissar Bayard, eine Hälfte von Binets Ermittlerduo, ist schließlich Algerienkriegsveteran, nicht Schöngeist. Fürs Intellektuelle ist der junge UniDozent Simon zuständig. Er (be-)lehrt den bärbeißigen Bayard, die Welt als ein riesiges Reservoire an Zeichen zu sehen – und zu lesen. Wie anders sollte auch der Mord an Roland Barthes aufgeklärt werden, dem Meister der Semiotik … Das Alte zerschlagen und alles neu denken – von dieser Stimmung getragen waren Anfang der 80er Jahre nicht nur die Intellektuellen in Paris. Sichtbares Zeichen des gesellschaftlichen Umbruchs: die Wahl Mitterrands zum Präsidenten. Mit diebischer Freude karikiert Binet die geistige, kulturelle und politische Elite dieser Republik. Fiktion, Tratsch und Reales schüttelt er durcheinander. Das ist respektlos, beziehungsreich und manchmal richtig böse. Trotz einiger Längen: eine feine Reflexion über die Macht der Rhetorik – das Buch zum Superwahljahr in Frankreich. (maz-)