Mittelschwaebische Nachrichten
Wer wird der neue Neuer?
Bundestrainer Löw und Torwartcoach Köpke wollen einen Konkurrenzkampf hinter dem gesetzten Kapitän. Debütant Trapp eröffnet Wettbewerb mit ter Stegen und Leno
Herzogenaurach Kevin Trapp vermied zu viel Eigenlob. „Ich spreche ungern über mich. Aber ich denke, das Debüt war okay“, sagte der Torwart von Paris St. Germain, der sich seit dem Länderspiel gegen Dänemark endlich offiziell FußballNationalspieler nennen darf. „Okay“war als Bewertung untertrieben. Mit seinem starken Debüt beim 1:1 in Kopenhagen konnte Trapp den Sommer-Dreikampf der Schlussmänner hinter Manuel Neuer, Deutschlands unantastbarer Nummer 1, anheizen.
Marc-André ter Stegen (25) vom FC Barcelona, Bernd Leno (25/Bayer Leverkusen), Kevin Trapp (26) – dieses Trio testet Bundestrainer Joachim Löw und Torwartcoach Andreas Köpke in diesem Turniersommer ohne Bayern-Frontmann Manuel Neuer auf seine WM-Tauglichkeit.
„Wir sind von allen drei Torhütern überzeugt. Die Entscheidung für sie war logisch und richtig“, er- klärte Löw. Auf eine Rangfolge hinter Neuer wird bewusst verzichtet. „Es ist nichts entschieden“, sagte Köpke. Der schon mehrfach zur Nationalmannschaft eingeladene Trapp durfte sich im ersten Vorbereitungsspiel auf den Confed Cup endlich auch in einem Wettkampf beweisen. Es gelang ihm bestens. „Auf dem Platz war es nicht anders als im Verein“, sagte der ehemalige Frankfurter. „Es sind dieselben Aufgaben, die man hat. Aber es war eine andere Anspannung, mit diesem Trikot auflaufen zu dürfen. Ich habe lange darauf hingearbeitet.“
Löw imponierte neben Trapps starken Reflexen auch das gute Mitspielen mit dem Fuß– eine Eigenschaft, die Weltmeister Neuer vorbildlich beherrscht. Manager Oliver Bierhoff bescheinigte Trapp vor dem Umzug des Nationalteams aus Kopenhagen ins fränkische Herzogenaurach am Donnerstagvormittag sogar, „eine Bombenpartie“gemacht zu haben. „Er hat zwei, drei tolle Paraden gemacht und Tore verhindert.“
Neuers Kronprinzen erhalten nur ganz wenige Chancen, um sich im DFB-Tor beweisen zu können. „Insofern freue ich mich, wenn die wenigen Einsätze, die ein Torhüter bekommt, genutzt werden“, sagte Bierhoff zur gelungenen Präsentation von Trapp. „Alle drei Torhüter haben noch nicht so viele Länderspiele“, bemerkte auch Köpke.
Der in Barcelona gesetzte ter Stegen führt mit neun A-Team-Einsätzen vor Leno (4 Spiele) und Trapp (1). Im WM-Qualifikationsspiel am Samstag (20.45 Uhr/RTL) in Nürnberg gegen San Marino und den maximal fünf Partien beim Confed Cup in Russland wird das Torwart-Casting weitere Spannung aufbauen. Ein fixer Turnierschlussmann ist nicht vorgesehen. „Davon kann man ausgehen“, bestätigte Köpke.
Es gehe nicht darum, Neuer vom Thron zu stoßen, sagte Leno. Dieser sei zu Recht einfach unangreifbar. „Jetzt geht es darum, den Platz hinter ihm zu ergattern. Nicht nur für den Fall der Fälle, sondern auch für die Zeit nach Manuel Neuers Nationalmannschaftskarriere“, sagte der 25-jährige Leno zuletzt im Kicker. Neuer ist inzwischen 31 Jahre alt. Leno gibt sich angriffslustig. „Wenn Manuel Neuer zuletzt nicht dabei war, durfte ich wie in Italien und Aserbaidschan spielen.“Bei der Europameisterschaft 2016 in Frankreich waren die Rivalen Leno und ter Stegen die Torhüter hinter Käpt’n Neuer.
Das Verhältnis untereinander sei kollegial, versichert Trapp. „Wir Torhüter kennen uns auch schon ein paar Jahre.“Alle drei Ballfänger, die sich bislang international vor allem mit ihren Klubs in der Champions League beweisen konnten, stehen vor ihrem jeweils ersten Einsatz bei einem Turnier. Bevor Neuer in der WM-Saison wieder das Tor besetzt, geht es in diesem Sommer um das Ranking dahinter. (dpa)
Seit Abschaffung der Wehrpflicht verweichlicht die Gesellschaft hierzulande zusehends. Wo sind sie nur geblieben, die harten Hunde, die mit Zähnen Kronkorken von Flaschen beißen und mit der Hand Kokosnüsse zerquetschen? Überall Innentaschenbügler und Warmduscher. Flecktarn-Hosen trägt Mann heutzutage, weil Camouflage gerade hip ist.
In grauer Vorzeit erfüllten wenigstens Trainingslager noch ihren Zweck. Fußballer nächtigten vor großen Turnieren nicht in Nobelhotels, schlürften Smoothies und vertrieben sich die Zeit im Pool oder vor der Playstation. Nein, die Spieler wurden umzäunt von Stacheldraht einkaserniert und schliefen auf Pritschen. Den Kickern wurde einverleibt, dass sie sich nicht auf einer vergnüglichen Klassenfahrt befanden, sondern dem Land Leistung schuldeten – was in Wahrheit natürlich Blödsinn ist. Ein Nationalspieler treibt Sport, spielt für sich und seine Mannschaft und schuldet seinem Land nichts.
Während das Gros der Deutschen inzwischen Nationalstolz gut einordnen kann, bedienen sich Medien anderer Länder unpassender Kriegsrhetorik, wenn Fußballländerspiele anstehen. Dann rollen Panzer und zerbomben Abwehrreihen. Englische Boulevardblätter wie die Sun sind Meister darin, schnöde Sportereignisse zu einer Angelegenheit von nationalem Interesse zu überhöhen.
Am Samstag ist es wieder soweit, das Königreich trifft auf einen Erzrivalen. Unabhängigkeitskriege sind zwar Geschichte, aber seit dem Brexit finden die Schotten die Engländer – verständlicherweise – nicht mehr ganz so dufte. Der politische Diskurs setzt sich auf sportlicher Ebene fort. Beide Teams brauchen Punkte, um sich für die WM in Russland zu qualifizieren.
Wie ernst die Engländer das Spiel gegen die Nachbarn nehmen, unterstreicht ihre Vorbereitung. Trainer Gareth Southgate schickte seine Fußball-Millionäre in ein zweitägiges Militärcamp. Die Stars tauschten Trikot gegen Tarnanzug, wanderten mit 21 Kilo Marschgepäck, bewältigten Hinternissparcours, tauchten in schlammigem Gewässer und übernachteten in Zelten. Und wie begründet Southgate sein „Trainingslager“? Er bemüht, war ja klar, einen Vergleich zwischen seinen Spielern und Soldaten: „Diese Jungs repräsentieren die Queen und unser Land – so wie wir.“Southgate sollte dringend seine tägliche Lektüre überdenken.