Mittelschwaebische Nachrichten
Der Kontaktmann
Der ehemalige Thannhauser Jugendspieler Michael Mutzel leitet die Scouting-Abteilung der TSG Hoffenheim. Wie der gebürtige Memminger seine Arbeit beim Bundesligisten durch die Champions-League-Qualifikation ändert
Hoffenheim Eigentlich könnte sich Michael Mutzel ganz entspannt zurücklehnen. Die TSG Hoffenheim hat ihre mit Abstand beste Saison seit dem Aufstieg in die Bundesliga 2007 gespielt. Mit Borussia Dortmund lieferten sich die Kraichgauer bis zum letzten Spieltag ein Kopfan-Kopf-Rennen um die direkte Qualifikation für die ChampionsLeague. Als Vierter wurde diese zwar verpasst, der Sprung ins internationale Geschäft gelang dennoch.
„So einfach ist das Geschäft dann natürlich doch nicht. Hinter der Kaderplanung liegt viel Arbeit“, sagt Mutzel. Der Memminger leitet bei der TSG die Scouting-Abteilung. Gesichtet wird das ganze Jahr, im eigenen Verein und europaweit in allen erdenklichen Stadien. 25 Mitarbeiter umfasst Mutzels Stab. Manchmal ist der 37-Jährige selbst vor Ort, um Spieler genauer unter die Lupe zu nehmen. Zwar verfügen mittlerweile alle Profiklubs über professionelle Scouting-Programme mit riesigen Datenbanken, aber „es geht nichts über den persönlichen Eindruck“, sagt der Allgäuer.
Im Februar 2016 kehrte er nach einem einjährigen Engagement als Sportdirektor bei der SpVgg Greuther Fürth an seine alte Wirkungsstätte zurück. Mit der Familie hat er ein Haus in Walldorf gefunden. Bis es soweit war, wohnte die Familie in Uttenreuth, Mutzel pendelte zwischen Hoffenheim und der mittelfränkischen Gemeinde, wohnte in der Übergangsphase in einer EinZimmer-Wohnung. „Zu Hause bin ich sowieso fast nie gewesen, da hat eine kleine Wohnung gereicht“, sagt Mutzel.
Im Vordergrund zu stehen, ist nicht seine Sache. Er zieht lieber die Fäden im Hintergrund. Deswegen wird der 37-Jährige oft unterschätzt. Dabei hat Mutzel einen guten Riecher. In Fürth fädelte er unter anderem die Transfers von Veton Berisha, Marcel Franke oder Sebastian Freis ein. Und auch bei der TSG bewies er im Team mit Trainer Julian Nagelsmann und Manager Alex Rosen ein gutes Händchen. Kerem Demirbay kam Anfang der Saison für 1,7 Millionen Euro vom Hamburger SV, auch die 2,7 Millionen Euro für Sandro Wagner sind gut angelegtes Geld. „Für einen Top-Stürmer muss man normal richtig viel Geld auspacken. So gesehen war Wagner für uns ein Schnäppchen“, sagt Mutzel. Demirbay und Wagner wurden jüngst von Bundestrainer Joachim Löw sogar für den Confed-Cup vom 17. Juni bis 2. Juli in Russland nominiert, gaben am vergangenen Dienstag ihr Debüt in der Nationalmannschaft beim 1:1 gegen Dänemark.
Zum abgelaufenen Betriebsjahr 2016 verbuchte die TSG Hoffenheim erstmals einen Gewinn von 18 Millionen Euro. Bei einem Rekordumsatz von 128 Millionen Euro. Im Jahr zuvor hatte der Klub noch einen Verlust von 19 Millionen Euro bilanziert. Mutzel und sein Team arbeiten weiter fleißig daran, dass sich der Trend fortsetzt. „Man muss versuchen, immer ein bisschen schneller zu sein als die Konkurrenz. Mittlerweile ist aber so viel Geld im Umlauf, dass es immer schwerer wird, Talente zu einem bezahlbaren Preis zu finden“, erzählt der Memminger. Deshalb sei die Nachwuchsarbeit wichtig. Die Voraussetzungen vor Ort sind erstklassig. Schon die U17 hat einen eigenen Videoanalysten, der akribisch jede Trainingseinheit filmt.
Von seinem Schreibtisch in der Zentrale in Zuzenhausen aus koordiniert Mutzel die Scouting-Aktivitäten. Sein Büro ist schlicht eingerichtet. Ein Schreibtisch mit PC und Telefon, eine kleine Besprechungsecke, ein großer TV-Bildschirm. Viel mehr braucht der 37-Jährige nicht. Den eigenen Nachwuchs beobachtet er so oft es geht selbst, sieht jedes Heimspiel der Profis. Mit Trainer Julian Nagelsmann haben die Hoffenheimer einen Mann aus den eigenen Reihen nach oben gezogen. Der gebürtige Landsberger hat die Mannschaft binnen einer Saison zu einer Spitzenmannschaft geformt. „Wir haben eine herausragende Saison gespielt. Dass es so gut klappt, konnte keiner voraussehen“, sagt Mutzel. Die Abstimmung mit Nagelsmann und Rosen sei sehr eng. „Wir sind ein eingespieltes Team und wissen, was wir wollen“, meint er.
Sein Vertrag bei der TSG läuft bis 2019. Nach den Jobs als Leiter des Nachwuchszentrums in Hoffenheim und Sportdirektor in Fürth macht der Ex-Profi, der als Jugendspieler auch bei der TSG Thannhausen aktiv war und 184 Spiele in der 1. und 2. Bundesliga absolviert hat, nun den nächsten Schritt in seiner Entwicklung. Auch die Familie soll nach diversen Umzügen sesshaft werden. Wegen der ChampionsLeague wird sie aber das eine oder andere Mal auf den Papa verzichten müssen. Mutzel: „Unser Ziel ist natürlich, eine ähnlich erfolgreiche Saison zu spielen. Auch wenn das durch die zusätzliche Belastung des internationalen Wettbewerbs sicher keine einfache Aufgabe wird.“