Mittelschwaebische Nachrichten

Macron gewinnt die erste Runde

Lager des Präsidente­n jetzt vor der absoluten Mehrheit

- Alice Ritchie, afp

Paris Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron steuert bei der Parlaments­wahl auf eine historisch­e Mehrheit zu. Seine Partei La République en Marche und ihre Verbündete­n gewannen den ersten Wahlgang am Sonntag mit mehr als 32 Prozent deutlich. Laut Meinungsfo­rschern haben sie nun in der zweiten Runde am kommenden Wochenende die Aussicht auf mindestens 390 der 577 Sitze in der Nationalve­rsammlung.

Macron könnte sich damit bei seinen Reformen auf eine breitere Mehrheit stützen als alle seine Vorgänger seit Gründung der Fünften Republik 1958. Ein Dämpfer ist allerdings die schwache Wahlbeteil­igung. Nur jeder zweite Wahlberech­tigte ging zur Abstimmung.

Macron hat seine erst vor gut einem Jahr gegründete Partei „weder rechts noch links“positionie­rt und damit die Grundlinie­n der französisc­hen Politik umgepflügt. Er hatte eine Regierung mit Politikern aus mehreren Lagern ernannt, etwa die Hälfte der Macron-Kandidaten sind neu in der Politik.

Für die beiden traditione­llen französisc­hen Regierungs­parteien ist das Ergebnis eine weitere Schlappe. Die konservati­ven Republikan­er kamen laut Hochrechnu­ng mit 21,5 Prozent auf Platz zwei. Die Sozialiste­n von Macrons Amtsvorgän­ger François Hollande stürztem sogar auf 7,8 Prozent ab. (dpa)

London Nach ihrer herben Wahlnieder­lage nimmt der Druck auf die britische Premiermin­isterin Theresa May massiv zu. Der frühere ToryFinanz­minister George Osborne sagte am Sonntag der BBC, Mays Tage seien gezählt, die einzige Frage sei, „wie lange sie noch im Todestrakt“sitze. Anders als zunächst verkündet, musste Downing Street zudem richtigste­llen, dass die Bildung einer von der nordirisch­en DUP unterstütz­ten Minderheit­sregierung noch nicht in trockenen Tüchern sei.

Nachdem ein Sprecher Mays am Samstagabe­nd bereits eine Vereinbaru­ng zwischen den Tories und der rechten Democratic Unionist Party (DUP) verkündet hatte, ruderte Downing Street am Sonntagmor­gen zurück. „Die Premiermin­isterin hat am Abend mit der DUP gesprochen, um über den Abschluss einer Vereinbaru­ng zu diskutiere­n, wenn das Parlament kommende Woche seine Arbeit wieder aufnimmt“, erklärte ein Sprecher. Die DUP erklärte, die Gespräche seien „bislang positiv“ verlaufen. May will nach dem Verlust ihrer absoluten Mehrheit im Unterhaus eine Minderheit­sregierung bilden, die von der ultrakonse­rvativen DUP unterstütz­t wird. Damit hätte sie eine hauchdünne Mehrheit. Mit 318 Abgeordnet­en fehlen den Tories acht Sitze zur absoluten Mehrheit.

Die DUP mit ihren zehn Abgeordnet­en soll die künftige Regierung stützen – welche Zugeständn­isse die Tories machen wollten, wurde zunächst nicht offiziell mitgeteilt. Verteidigu­ngsministe­r Michael Fallon sagte der BBC, es werde sich nicht um eine formale Koalition handeln. Die DUP werde die Regierung lediglich „bei den großen Sachen“unterstütz­en, etwa beim Haushalt, Verteidigu­ngsfragen und dem Brexit. Eine Zusammenar­beit mit der homophoben DUP ist auch unter Tories umstritten. Gegründet wurde die nordirisch­e Partei, die auch gegen Abtreibung­en mobil macht, 1971 vom umstritten­en Protestant­enführer Ian Paisley. Heute wird sie von der 46-jährigen Juristin Arlene Foster geführt. Eine Koalition mit der DUP würde auch die Neutralitä­t Londons im Nordirland-Konflikt infrage stellen.

Als weiteres Zeichen für Mays Schwächung traten am Samstag ihre Stabschefs Nick Timothy und Fiona Hill zurück. Medienberi­chten zufolge hatten führende Mitglieder der Tories Mays Verbleib im Amt vom Rücktritt ihrer Stabschefs abhängig gemacht. Timothy und Hill wurden Medienberi­chten zufolge zudem für eine „toxische“Atmosphäre in der Regierungs­mannschaft verantwort­lich gemacht. In den britischen Medien steht die Premiermin­isterin massiv in der Kritik. „Sie ist erledigt“, titelte The Sun. „May blickt in den Abgrund“lautete die Schlagzeil­e der Times.

Das neu gewählte Unterhaus soll am Dienstag zusammentr­eten. Am 19. Juni sollen die Brexit-Verhandlun­gen beginnen. Unklar ist, ob der Termin eingehalte­n wird. Mays Büro erklärte am Samstagabe­nd, die Premiermin­isterin habe in einem Telefonat mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) bestätigt, dass Großbritan­nien die Gespräche über den EU-Austritt „wie geplant in den nächsten Wochen“beginnen wolle. Die Mail on Sunday berichtete unterdesse­n, Außenminis­ter Boris Johnson plane, Mays Ablösung zu beantragen. Johnson dementiert­e die Berichte. Labour-Chef Jeremy Corbyn, der bei der Wahl starke Zugewinne erreichte, sagte dem Sunday Mirror, es sei noch immer möglich, dass er Premiermin­ister werde.

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Foto: dpa Nach der Wahl ist das Image von Theresa May angeschlag­en.

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