Mittelschwaebische Nachrichten
Auf geht’s
Jetzt sind fast alle Hütten offen. Die Alpenrosen blühen
Oberstdorf Endlich Bergsommer! In den bayerischen Alpen sind jetzt fast alle Hütten geöffnet. Endlich lohnt sich der anstrengende Aufstieg wieder. Zum Lohn gibt es eine Halbe Bier, einen Kaiserschmarrn oder, oder ... Und eine herrliche Blütenpracht belohnt die Bergsteiger. Sogar die Alpenrosen blühen.
Das Wetter soll in dieser Woche gut bleiben, wohl auch am arbeitsfreien Donnerstag, Fronleichnam. Aber Achtung: Der Andrang in den Bergen ist inzwischen so groß, dass sich Übernachtungsgäste auf jeden Fall vorher anmelden sollten. Manche Wirte verlangen auch eine Reservierungsgebühr, die dann beim Hüttenbesuch verrechnet wird. Auf höher gelegenen Wegen muss zum Teil noch mit Schnee gerechnet werden. Ausgedehnte Altschneefelder gibt es beispielsweise noch in den höheren Lagen des Zugspitzgebiets und am Allgäuer Hauptkamm. Dort benötigen Wanderer für hoch gelegene Hütten-Verbindungswege alpine Erfahrung und entsprechende Ausrüstung. Auf dem Heilbronner Weg, der hoch gelegenen Verbindung zwischen Kemptner Hütte und Rappenseehütte in den Oberstdorfer Bergen, finden Alpinisten zum Teil noch ausgedehnte Altschneefelder, die auch die Drahtseile und Sicherungen überdecken können. Freiwillige werden solche Stellen voraussichtlich am kommenden Wochenende freischaufeln. Traditionell beteiligen sich daran Bergfreunde aus Heilbronn. Diese Sektion hatte Ende des 19. Jahrhunderts den Weg gebaut und großteils finanziert.
Fertig geworden ist in den Oberstdorfer Bergen der Neubau des Waltenbergerhauses, das am Donnerstag öffnet. Mehr dazu lesen Sie auf der Seite
Oberstdorf Nach eineinhalb Jahren Bauzeit ist das neue Waltenbergerhaus in den Oberstdorfer Bergen fertig. 3,3 Millionen Euro hat die Alpenvereinssektion Allgäu-Immenstadt in den Abriss der alten Hütte und den Neubau gesteckt. Kommenden Donnerstag öffnet das Haus für Übernachtungs-und Tagesgäste. Am Wochenende hatte die Sektion all diejenigen eingeladen, die mit dem Bauprojekt zu tun hatten – sozusagen zum Probeschlafen.
Hell und weitläufig ist die neue Gaststube, die großen Panoramafenster ermöglichen einen beeindruckenden Blick auf die Oberallgäuer Berge. Die Matrazenlager und die Betten sind aus Naturholz. Zukunftsweisend ist die Energietechnik: Eine große Fotovoltaikanlage mit hoher Batterie-Speicherkapazität und entsprechend dimensioniertem Warmwasser-Pufferspeicher sollen den Hüttenbetrieb weitgehend energieautark ermöglichen.
Dass etwas mit dem Waltenbergerhaus passieren muss, war spätestens 2011 klar. Ab diesem Zeitpunkt war der Betrieb der Hütte vom Landratsamt nur noch geduldet, ei- gentlich hätte das Haus umgehend geschlossen werden müssen. Denn es entsprach beispielsweise nicht mehr den Brandschutzbestimmungen. Der jetzige Neubau ist das Resultat eines Architektenwettbewerbs, den der Oberstdorfer Peter Fischer gewann.
Ende 2015 wurde die alte Hütte abgerissen und noch mit den Fundamenten begonnen. Architekt Fischer sagt über das gesamte Projekt: „Das war eine der schwierigsten Aufgaben in meinem Berufsleben.“Er erinnerte an die vielen Stunden Schneeschaufeln, an Gräben, die die Arbeiter in den meterhohen Schnee gezogen haben, um vom Hubschrauberlandeplatz zur Baustelle zu kommen. 276 Stunden lang seien die Bauarbeiter nur damit beschäftigt gewesen, Schnee zu schaufeln, berichtet Sektionsvorsitzender Geert-Dieter Gerrens. Und Geschäftsführer Matthias Hill spricht von einer „sensationellen Einsatzbereitschaft der Handwerker.“
Endlich habe die Wirtsfamilie mit zwei Buben nun auch eine vernünftige Wohnung, sagt Gerrens. In der alten Hütte musste sich die Hüttenwirtsfamilie Karlinger mit spärlichen 15 Quadratmetern begnügen. Von der alten Hütte übrig geblieben ist nur der kleine Winterraum.
Den Übernachtungsgästen stehen neben modernen Sanitäranlagen auch Duschen zur Verfügung. Nasse Schuhe, Kleidung und Bergausrüstung können in einem beheizten Raum getrocknet werden. Genutzt wird dafür die Abwärme der Küchen-Kühlschränke.
Das Waltenbergerhaus galt bisher als älteste Alpenvereinshütte in den Allgäuer Alpen. Und es ist die erste Alpenvereins-Unterkunft im Allgäu, die komplett abgerissen und neu aufgebaut wurde. Im gesamten bayerischen Alpenraum gibt es nur einen vergleichbaren Fall: Im Wettersteingebirge wurde bei Garmisch-Partenkirchen 2013 die Höllentalangerhütte, ein Stützpunkt für die Zugspitz-Besteigung, abgerissen und 2014/15 durch einen neuen Bau ersetzt. Dort hatte es – wie im Allgäu – kritische Stimmen gegeben. „Anfangs war ich auch skeptisch“, sagt eine Frau im neuen Waltenbergerhaus. „Aber jetzt gefällt es mir super, die Zeit bleibt eben nicht stehen.“