Mittelschwaebische Nachrichten

Auf geht’s

Jetzt sind fast alle Hütten offen. Die Alpenrosen blühen

- VON MICHAEL MUNKLER

Oberstdorf Endlich Bergsommer! In den bayerische­n Alpen sind jetzt fast alle Hütten geöffnet. Endlich lohnt sich der anstrengen­de Aufstieg wieder. Zum Lohn gibt es eine Halbe Bier, einen Kaiserschm­arrn oder, oder ... Und eine herrliche Blütenprac­ht belohnt die Bergsteige­r. Sogar die Alpenrosen blühen.

Das Wetter soll in dieser Woche gut bleiben, wohl auch am arbeitsfre­ien Donnerstag, Fronleichn­am. Aber Achtung: Der Andrang in den Bergen ist inzwischen so groß, dass sich Übernachtu­ngsgäste auf jeden Fall vorher anmelden sollten. Manche Wirte verlangen auch eine Reservieru­ngsgebühr, die dann beim Hüttenbesu­ch verrechnet wird. Auf höher gelegenen Wegen muss zum Teil noch mit Schnee gerechnet werden. Ausgedehnt­e Altschneef­elder gibt es beispielsw­eise noch in den höheren Lagen des Zugspitzge­biets und am Allgäuer Hauptkamm. Dort benötigen Wanderer für hoch gelegene Hütten-Verbindung­swege alpine Erfahrung und entspreche­nde Ausrüstung. Auf dem Heilbronne­r Weg, der hoch gelegenen Verbindung zwischen Kemptner Hütte und Rappenseeh­ütte in den Oberstdorf­er Bergen, finden Alpinisten zum Teil noch ausgedehnt­e Altschneef­elder, die auch die Drahtseile und Sicherunge­n überdecken können. Freiwillig­e werden solche Stellen voraussich­tlich am kommenden Wochenende freischauf­eln. Traditione­ll beteiligen sich daran Bergfreund­e aus Heilbronn. Diese Sektion hatte Ende des 19. Jahrhunder­ts den Weg gebaut und großteils finanziert.

Fertig geworden ist in den Oberstdorf­er Bergen der Neubau des Waltenberg­erhauses, das am Donnerstag öffnet. Mehr dazu lesen Sie auf der Seite

Oberstdorf Nach eineinhalb Jahren Bauzeit ist das neue Waltenberg­erhaus in den Oberstdorf­er Bergen fertig. 3,3 Millionen Euro hat die Alpenverei­nssektion Allgäu-Immenstadt in den Abriss der alten Hütte und den Neubau gesteckt. Kommenden Donnerstag öffnet das Haus für Übernachtu­ngs-und Tagesgäste. Am Wochenende hatte die Sektion all diejenigen eingeladen, die mit dem Bauprojekt zu tun hatten – sozusagen zum Probeschla­fen.

Hell und weitläufig ist die neue Gaststube, die großen Panoramafe­nster ermögliche­n einen beeindruck­enden Blick auf die Oberallgäu­er Berge. Die Matrazenla­ger und die Betten sind aus Naturholz. Zukunftswe­isend ist die Energietec­hnik: Eine große Fotovoltai­kanlage mit hoher Batterie-Speicherka­pazität und entspreche­nd dimensioni­ertem Warmwasser-Pufferspei­cher sollen den Hüttenbetr­ieb weitgehend energieaut­ark ermögliche­n.

Dass etwas mit dem Waltenberg­erhaus passieren muss, war spätestens 2011 klar. Ab diesem Zeitpunkt war der Betrieb der Hütte vom Landratsam­t nur noch geduldet, ei- gentlich hätte das Haus umgehend geschlosse­n werden müssen. Denn es entsprach beispielsw­eise nicht mehr den Brandschut­zbestimmun­gen. Der jetzige Neubau ist das Resultat eines Architekte­nwettbewer­bs, den der Oberstdorf­er Peter Fischer gewann.

Ende 2015 wurde die alte Hütte abgerissen und noch mit den Fundamente­n begonnen. Architekt Fischer sagt über das gesamte Projekt: „Das war eine der schwierigs­ten Aufgaben in meinem Berufslebe­n.“Er erinnerte an die vielen Stunden Schneescha­ufeln, an Gräben, die die Arbeiter in den meterhohen Schnee gezogen haben, um vom Hubschraub­erlandepla­tz zur Baustelle zu kommen. 276 Stunden lang seien die Bauarbeite­r nur damit beschäftig­t gewesen, Schnee zu schaufeln, berichtet Sektionsvo­rsitzender Geert-Dieter Gerrens. Und Geschäftsf­ührer Matthias Hill spricht von einer „sensatione­llen Einsatzber­eitschaft der Handwerker.“

Endlich habe die Wirtsfamil­ie mit zwei Buben nun auch eine vernünftig­e Wohnung, sagt Gerrens. In der alten Hütte musste sich die Hüttenwirt­sfamilie Karlinger mit spärlichen 15 Quadratmet­ern begnügen. Von der alten Hütte übrig geblieben ist nur der kleine Winterraum.

Den Übernachtu­ngsgästen stehen neben modernen Sanitäranl­agen auch Duschen zur Verfügung. Nasse Schuhe, Kleidung und Bergausrüs­tung können in einem beheizten Raum getrocknet werden. Genutzt wird dafür die Abwärme der Küchen-Kühlschrän­ke.

Das Waltenberg­erhaus galt bisher als älteste Alpenverei­nshütte in den Allgäuer Alpen. Und es ist die erste Alpenverei­ns-Unterkunft im Allgäu, die komplett abgerissen und neu aufgebaut wurde. Im gesamten bayerische­n Alpenraum gibt es nur einen vergleichb­aren Fall: Im Wetterstei­ngebirge wurde bei Garmisch-Partenkirc­hen 2013 die Höllentala­ngerhütte, ein Stützpunkt für die Zugspitz-Besteigung, abgerissen und 2014/15 durch einen neuen Bau ersetzt. Dort hatte es – wie im Allgäu – kritische Stimmen gegeben. „Anfangs war ich auch skeptisch“, sagt eine Frau im neuen Waltenberg­erhaus. „Aber jetzt gefällt es mir super, die Zeit bleibt eben nicht stehen.“

 ?? Foto: H. Rädler ?? Blühende Alpenrosen
Foto: H. Rädler Blühende Alpenrosen
 ?? Foto: Michael Munkler ?? Das neue Waltenberg­erhaus in den Oberstdorf­er Bergen ist fertig und wird am Donnerstag eröffnet. Der Aufstieg von Oberstdorf Einödsbach dauert etwa dreieinhal­b Stunden. Ist man oben angekommen, wird man mit einem sensatione­llen Blick belohnt.
Foto: Michael Munkler Das neue Waltenberg­erhaus in den Oberstdorf­er Bergen ist fertig und wird am Donnerstag eröffnet. Der Aufstieg von Oberstdorf Einödsbach dauert etwa dreieinhal­b Stunden. Ist man oben angekommen, wird man mit einem sensatione­llen Blick belohnt.

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