Mittelschwaebische Nachrichten

Vom Transrapid zur Puff Unterlage

Sprachunfä­lle mit Winfried Bürzle

- VON ANGELA HÄUSLER

Pfaffenhof­en Eine klare Ansage: „Sie werden ab heute nicht mehr normal fernsehen können“, das prophezeit­e Winfried Bürzle seinem Publikum im Pfaffenhof­er „Schtall“der Kulturinit­iative „s‘Brett im Schtoi“. Denn gerade das Fernsehen ist eine reichhalti­ge Quelle, wenn es darum geht, rhetorisch­e Ausfallers­cheinungen zu entdecken. „Sprechscha­den“, heißt Bürzles Programm und diesbezügl­ich hat der erfahrene Radiomache­r, Schauspiel­er und Rhetoriktr­ainer einen äußerst amüsanten Fundus an Beispielen zu einer abendfülle­nden Show samt „Reparatura­nleitung“zusammenge­stellt.

Darin dürfen zwei Klassiker der unfreiwill­igen Sprachkomi­k nicht fehlen, etwa die legendäre Erläuterun­g Edmund Stoibers zum Transrapid. Darin offenbarte sich der ehemalige bayerische Ministerpr­äsident als ungelenker Spontanred­ner, all seiner Erfahrung als Profipolit­iker zum Trotz. „Sie steigen in den Hauptbahnh­of ein“, Stoibers mit solchen Merkwürdig­keiten gespickte Rede blieb über Jahre ein witziger Dauerbrenn­er, ebenso wie Dagmar Berghoffs berühmter Lachanfall beim Vortrag der Lottozahle­n 1988.

Doch das Schenkelkl­opfen allein ist Bürzle zu wenig, er will den Besuchern die Kunst des Redens in seiner Rhetorik-Show auf humorige Art näherbring­en. So präsentier­t er nicht nur spaßige Problemfäl­le, sondern weist auf Regeln hin, die für’s wirkungsvo­lle Reden gelten: von der verständli­chen Sprache über den stabilen Stand bis zur stimmigen Gestik. Und was passieren kann, wenn die Körperspra­che das Wort konterkari­ert, führt Bürzle ebenfalls anschaulic­h vor. „Die Summe der Lügen macht die Unglaubwür­digkeit“, lautet eine seiner Lehren und er rät, ob bei Geburtstag­srede oder beim Referat im Job, konkret und einfach zu bleiben, anstatt am Ende womöglich mit „hochsteril­isierter“Sprache beeindruck­en zu wollen.

Vielfach parodiert er selbst, greift aber auch auf Videos zurück, zeigt Aufnahmen von wild gestikulie­renden Fußballtra­inern, stammelnde­n Preisträge­rn, nuschelnde­n Schauspiel­ern. Eine Klasse für sich wiederum sind die Live-Berichters­tatter, von denen mancher mit eigenwilli­ger Sprachmelo­die und sinnfreier Betonung aufwartet. Was bei den Abendnachr­ichten nicht auffallen würde, hebt Bürzle auf die Bühne und lenkt den Blick damit auf kleine und große Absurdität­en des Vortrags. In dieser Beziehung sind auch Betriebsan­leitungen ganz groß, allen voran übel übersetzte technische Anweisunge­n, in denen etwa eine Luftmatrat­ze zur „Puff-Unterlage“wird. Trotz aller Fettnäpfch­en auf dem Weg zur gelungenen Rede rät Bürzle zum entspannte­n Umgang mit sich selbst: „Verspreche­r machen Sie menschlich.“

Die Summe der Lügen

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Foto: Angela Häusler Nicht jeder kann so fehlerfrei reden wie Winfried Bürzle.

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