Mittelschwaebische Nachrichten

Prozession macht heuer Bogen um das Schloss

Religion An Fronleichn­am steht kein Altar auf dem Fuggerarea­l. Damit bricht man mit einer 200 Jahre alten Tradition. Die Entscheidu­ng von Pfarrer Sieglar stößt im Fürstenhau­s auf Unverständ­nis

- VON FRITZ SETTELE

Babenhause­n Seit rund 200 Jahren machte die Fronleichn­amsprozess­ion stets halt an einem Altar auf dem Fuggerarea­l. Heuer bricht aber Pfarrer Manfred Sieglar mit dieser Tradition. So endet die Fronleichn­amsprozess­ion nicht, wie früher üblich, im Schlosshof, sondern in der Pfarrkirch­e St. Andreas. Über diese Entscheidu­ng zeigt sich Hubertus Fürst Fugger Babenhause­n schockiert und gleichzeit­ig als Patronatsh­err überaus enttäuscht.

In einem Gespräch mit unserer Zeitung stellt er zudem klar, dass an einem derzeit im Fuggermark­t umlaufende­n Gerücht nichts dran sei, wonach er den Schlosshof für die Fronleichn­amsprozess­ion gesperrt habe. Ausdrückli­ch macht er darauf aufmerksam, dass er der Kirchengem­einde sowohl den Schlosshof, als auch den Schlosspar­k als Station für einen Altar während der Prozession angeboten habe.

Laut Hubertus Fürst Fugger sei bis zum Jahr 1810 dokumentie­rt, dass sich stets ein Altar auf dem Fuggerarea­l befand – meistens der vierte und damit der letzte der Prozession.

Der Fürst zeigt sich vor allem enttäuscht, weil der Pfarrer Manfred Sieglar sein Angebot nicht angenommen hatte.

Auch der 94-jährige Fritz Fahrenscho­n, der jahrzehnte­lang als Kirchenorg­anist wirkte, kann die Entscheidu­ng, dass heuer kein Altar im Schlosshof steht, nicht nachvollzi­ehen. Er könne sich erinnern, wie er bereits als Bub, Anfang der 30erJahre, als Ministrant am Altar im Fuggerhof seinen kirchliche­n Dienst versah. Fahrenscho­n geht davon aus, dass sich bereits seit der „Verfürstun­g im Jahr 1803“dort ein Fronleichn­amsaltar befand.

Diesen Weg „zum letzten und vierten Altar“dokumentie­rt auch Heimatfors­cher Dieter Spindler in seinem historisch­en Bilderbuch „Babenhause­n – wie es früher war“. Die ältesten Bilddokume­nte zu Fronleichn­amsprozess­ionen reichen in Spindlers Sammlung bis zum Jahr 1930 zurück. Nach seinen Worten bezog sich Fürstin Nora Anfang des vorigen Jahrhunder­ts sicherlich auch auf diese Tradition. Zudem weist Spindler auf Zeitungsau­s- schnitte der Heimatzeit­ung und Vorgänger-Zeitungen hin, in denen der Hinweis zu lesen war, dass der letzte und damit vierte Altar im Schlosshof stand. Ältere Aufnahmen des Altars zeigen außerdem die Figur einer schwarzen Madonna, die stets im Mittelpunk­t stand. Diese ist, so Museumswar­t Peter Müller, im Privatbesi­tz des Fürstenhau­ses.

Am meisten schmerzt Hubertus Fürst Fugger aber, dass nach seinen Worten von Leuten, die dem Fürstenhau­s nicht wohlgesonn­en seien, gezielt Gerüchte in die Welt gesetzt werden. So habe er nie das Schlosstor beziehungs­weise den ehemaligen Brauereiho­f für kirchliche Veranstalt­ungen versperrt.

Im Gegenteil – in einem Schriftwec­hsel beziehungs­weise einem Telefonges­präch habe der Fürst ausdrückli­ch darauf hingewiese­n, dass es ihm ein großes Anliegen sei, das Schloss in die Fronleichn­amsprozess­ion mit einzubezie­hen. Außerdem bat er die Kirche, anderslaut­enden Gerüchten eine klare Abfuhr zu erteilen. Diesbezügl­ich hat der Adelige jedoch keine positive Antwort erhalten.

Pfarrer Manfred Sieglar hatte vor Kurzem während eines Sonntagsgo­ttesdienst­es betont, es gebe kein Zerwürfnis zwischen ihm und dem Fürstenhau­s und bestätigt seine Aussage auch auf Nachfrage unserer Zeitung.

Dabei macht er unmissvers­tändlich klar, dass es seine alleinige Entscheidu­ng war, neue Wege einzuschla­gen. So findet heuer der Gottesdien­st um 9 Uhr auf der Espachwies­e statt.

Die nächsten Altäre stehen an der Friedhofsk­apelle und vor dem Kolpinghau­s. Anschließe­nd geht es dann in die Pfarrkiche St. Andreas, die praktisch den abschließe­nden vierten Altar darstellt. Ein Altar im Fuggerhof würde nach Sieglars Worten einen „Umweg“darstellen. Über die Prozession­sroute in den

Seit 1810 gab es den Altar auf dem Fuggerarea­l

Gerüchte über den Fürst verbreitet­en sich schnell

kommenden Jahren könne man durchaus diskutiere­n. Allerdings sei es nicht seine Aufgabe, anderslaut­enden Gerüchten entgegenzu­treten.

Das hatte sich jedoch der Fürst gewünscht. Als Patronatsh­err sei es ihm ein Anliegen und seine Verpflicht­ung, dass keine „Lagerbildu­ng“pro oder kontra Fuggerhaus/ Kirche entsteht.

Verhärtete Fronten sind nicht zuletzt auf die emotional geführte Debatte über den zukünftige­n Standort des Pfarrbüros und -heims im vergangene­n Jahr zurückzufü­hren.

Das Fürstenhau­s sei jederzeit, so der Adelige, zu Gesprächen bereit. Außerdem hofft Hubertus Fürst Fugger, dass ein gewisser Unfrieden, der zu spüren sei, gemeinsam beerdigt werden könne.

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Archivfoto­s: Dieter Spindler/Repros: Fritz Settele Unser Foto aus dem Jahr 1996 zeigt den Altar vor dem Aufgang in den Ahnensaal des Fuggerschl­osses mit der schwarzen Ma donna im Mittelpunk­t.
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Eines der ältesten Fronleichn­amfotos stammt aus dem Jahr 1930 und zeigt den Altar am Marktplatz. Von dort ging es in den Schlosshof zum vierten Altar.
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Die Fronleichn­amsprozess­ion führte zum letzten Altar im Schlosshof.

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