Mittelschwaebische Nachrichten
Feneberg gibt’s jetzt bei Amazon
Die Supermarktkette aus Kempten arbeitet in München mit dem Internethändler zusammen. Die Allgäuer wollen vor allem eines: lernen
Kempten/München Der Allgäuer Lebenshändler Feneberg arbeitet mit dem Internetunternehmen Amazon zusammen: In München können Amazon-Kunden, die den Dienst Prime Now gebucht haben, jetzt über einen eigenen Feneberg-Shop auf der Plattform 4000 verschiedene Produkte bestellen. Die Waren werden im Stadtgebiet zu den Kunden geliefert – auf Wunsch innerhalb einer Stunde. Das Angebot ist auf Kunden in München beschränkt.
„Der kleine Krämer aus dem Allgäu sitzt jetzt mit dem Weltkonzern an einem Tisch“, sagt Geschäftsführer Hannes Feneberg zum Start der Zusammenarbeit am Donnerstag in München. Dort betreibt Feneberg neben drei Filialen bereits den Lieferdienst Freshfoods mit etwa 40 Mitarbeitern. Dessen Lager wird auch genutzt, um die Bestellungen der Amazon-Kunden zusammenzustellen. „Wir haben dank Freshfoods schon einiges über den Internethandel gelernt“, sagt Feneberg, „wir erkennen aber auch, dass wir noch schneller lernen müssen. Deshalb arbeiten wir jetzt mit Amazon zusammen.“Eine Ausweitung des Angebotes auf andere Städte oder gar den ländlichen Raum sei nicht geplant: „Wir wollen jetzt erst einmal in München voneinander lernen.“Außerdem sei die Lieferlogistik sehr aufwendig.
Ab einem Mindestbestellwert von 20 Euro können Kunden sich die Produkte zwischen 8 und 22 Uhr innerhalb eines wählbaren Zwei-Stunden-Zeitraums kostenlos nach Hause bringen lassen. Für einen Auf- preis von 6,99 Euro wird die Ware sogar innerhalb einer Stunde an jeden Ort in München geliefert. Feneberg-Mitarbeiter packen die Bestellung im Lager zusammen, ein Lieferdienst bringt sie dann im Auftrag von Amazon zu den Kunden – beispielsweise auf Lastenfahrrädern mit Elektroantrieb oder in Lieferwagen mit Elektromotor.
Schon bei der Lagerhaltung zeigt sich, wie unterschiedlich die Unternehmen ticken: Feneberg baut sein Lager auf wie einen Supermarkt, Warengruppen stehen zusammen.
Die Internetplattformen, allen voran der Riese Amazon, haben schon weite Teile des Handels durchdrungen und riesige Umsätze von den stationären Läden abgezweigt. Beim Lebensmittelkauf im Netz waren die deutschen Kunden jedoch bislang noch zurückhaltend. Das wird sich ändern, deshalb experimentieren alle Großen, egal ob Rewe, Edeka, Kaufland oder Aldi, im Netz. Die Margen in der Branche sind seit jeher geringer als bei vielen anderen Händlern, der Wettbewerb ist hart. Wer vor diesem Hintergrund fünf oder zehn Prozent beim Umsatz verliert, kann in existenzielle Schwierigkeiten geraten. Deshalb sind die Lebensmittelhändler Amazon bevorzugt die chaotische Lagerhaltung: Jeder Platz im Regal wird genutzt, Schokoriegel können neben Konservendosen stehen. Die Produkte sind mehrmals im Lager vorhanden, eine Software gibt den Mitarbeitern dann jeweils den kürzesten Weg vor, um alle Artikel einer Bestellung zusammenzutragen.
Im Angebot bei Amazon sind auch die Eigenmarken von Feneberg. Dazu gehören Fleisch und Wurst aus der eigenen Metzgerei sowie Brot und Kuchen aus der Bäckerei. Auch die Marke FeBio ist im Sortiment, ebenso die Fertigprodukte von Gourmella. Aus Sicht von Kai Rühl, für Prime Now in Deutschland verantwortlich, sind auch die Von-Hier-Produkte für die Kunden interessant: 600 Landwirte aus der Region liefern die Bio-Produkte. „Unsere Bauern sind schon sehr gespannt, wie sich das Geschäft entwickelt“, sagt Feneberg. Der Preis für die Waren ist in der Feneberg-Filiale identisch mit dem im Amazon-Shop.
Rühl verrät nicht, wie viele Prime-Now-Kunden es in München gibt. Auch die Zahl der erwarteten Bestellungen pro Tag nennt er nicht. Beide Unternehmen sehen die Zusammenarbeit als Versuch.
Hannes Feneberg, der gemeinsam mit seinem Bruder Christoph
Der Handel steht vor dem Umbruch
das Allgäuer Unternehmen leitet, schaut aber trotzdem voraus: „Der Lebensmitteleinzelhandel steht in den nächsten fünf Jahren vor einem Umbruch. Es wird Verschiebungen vom stationären Handel ins Internetgeschäft geben.“Er sieht darin eine Chance auf Wachstum für sein Unternehmen, „denn so erreichen wir Kunden, die neben hochwertigen Lebensmitteln ein digitales Einkaufserlebnis mit schneller Lieferung schätzen“. Für den neuen Shop erwartet er aber kein rasantes Wachstum: „Wir möchten das Stück für Stück aufbauen. Und wir möchten lernen, wie sich Lebensmittelkäufer im Internet verhalten.“