Mittelschwaebische Nachrichten

Rexroth stellt jetzt wieder ein

Nach Jobabbau wird mit 240 neuen Beschäftig­ten geplant. Aber nicht auf Dauer. Die Gewerkscha­ft findet das grotesk

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Elchingen Nach fünf Jahren Talfahrt geht es für das Bosch-RexrothWer­k in Elchingen (Kreis NeuUlm) wieder bergauf. Wie der kaufmännis­che Werkleiter Michael Everts jetzt sagte, sei die Auftragsla­ge derzeit eine wahre Freude. Insbesonde­re die Nachfrage nach Baumaschin­en jeder Art in Asien und den USA sei überrasche­nd stark angestiege­n, sodass die Axialkolbe­neinheiten – als wichtiges Bauteil von Baggern und Co. – derzeit im 17-Schichtbet­rieb gefräst, gehärtet und montiert werden. Die Auftragsbü­cher seien derart voll, dass in Summe 240 Leiharbeit­er oder Mitarbeite­r befristet eingestell­t werden sollen.

Einen Widerspruc­h zur immer noch laufenden organisato­rischen Sanierung des Elchinger Leitwerks sieht Everts nicht. Wie berichtet, wurde vergangene­s Jahr, nach langen Verhandlun­gen mit Arbeitnehm­ervertrete­rn, beschlosse­n, 490 Stellen abzubauen. Bis auf 30 Stellen sei dies bereits realisiert worden. „Wir denken langfristi­g“, sagt Everts. Die derzeitige hohe Auftragsla­ge werde zwar noch bis ins kommende Jahr anhalten, doch der „Pipeline-Effekt“– ausgelöst durch schwache Branchenko­njunktur und aufgestaut­e Aufträge – werde enden. Eine Spitzennac­hfrage wie zuletzt 2012 sei nicht absehbar.

Noch diesen Monat werde mit der umstritten­en Verlagerun­g von Fertigung, Montage und Prüfung spezieller Schrägachs­en in das Werk im türkischen Bursa begonnen. Gleichzeit­ig werde in Elchingen jedoch ein Millionenb­etrag im einstellig­en Bereich in eine komplett neue Montagelin­ie investiert. Auf dieser werden künftig Bauteile hergestell­t, die ursprüngli­ch ebenfalls in die Türkei hätten abwandern sollen. Damit seien weitere Verlagerun­gen vom Tisch, wie Everts betont.

Wegen übervoller Auftragsbü­cher beginnt derzeit im Werk die erste Schicht sonntags um 22 Uhr. Die letzte endet am Samstag um 14 Uhr. Derzeit werde sogar überlegt, eine 18. Schicht einzufügen, doch dafür gebe es nicht genügend Personal.

Den insgesamt 2300 Beschäftig­ten in Elchingen – insbesonde­re in der Produktion und Montage – wächst die Arbeit über den Kopf. Nach Informatio­nen von Günter Frey, dem Ersten Bevollmäch­tigten der Gewerkscha­ft IG Metall NeuUlm/Günzburg, hätten viele Mitarbeite­r der Produktion im Schnitt 30 Überstunde­n pro Monat. „Die Belastung ist hoch. Es wurde zu viel Personal gehen gelassen“, sagt Frey. Es sei ja geradezu grotesk, erst 480 Stellen abzubauen, um dann 240 prekär Beschäftig­te einzustell­en. Außerdem fordert Frey die Werksleitu­ng auf, die Verlagerun­g der Kolben–Einheit in die Türkei zu überdenken. Das Erdogan-Regime biete kaum verlässlic­he Rahmenbedi­ngungen. Für Everts hingegen steht die Verlagerun­g nicht zur Dispositio­n: „Wir halten an der Verlagerun­g in die Türkei fest.“

 ?? Foto: A. Kaya ?? Kolben in sämtlichen Varianten werden in Elchingen produziert.
Foto: A. Kaya Kolben in sämtlichen Varianten werden in Elchingen produziert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany