Mittelschwaebische Nachrichten

In Bayern gehen die Azubis aus

Im Freistaat sind noch viele Lehrstelle­n offen. Das ist gut für die Jugendlich­en, die noch auf der Suche sind. Unternehme­n stellt das vor Probleme. Gründe für den Mangel gibt es viele

- VON GIDEON ÖTINGER

Augsburg Bayerische Betriebe haben ein Problem. Zwar gibt es für jeden der noch rund 19000 jungen Menschen, die derzeit im Freistaat auf der Suche nach einer Lehrstelle sind, einen Platz. Bei über 35000 freien Stellen bedeutet das aber auch: Nicht jede Stelle kann besetzt werden. Was für die Jugendlich­en gut ist, weil sie sich ihren Traumberuf weitgehend aussuchen können, stellt viele Betriebe vor Schwierigk­eiten, erklärt Oliver Heckemann von der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Schwaben. „Die Firmen können deshalb nicht so wachsen wie sie gerne wollen“, sagt er. Das sei nicht nur schlecht für die Betriebe, darunter leide auch der Wirtschaft­sraum Schwaben.

Zwar kann sich an den Zahlen bis zum Ausbildung­sstart am 1. September noch etwas ändern, trotzdem bleibt es wohl bei dem großen Missverhäl­tnis zwischen Angebot und Nachfrage. Ein Trend, der sich schon seit den vergangene­n Jahren abzeichnet. Davon betroffene Branchen sind beispielsw­eise die Metall- industrie, Teile des Einzelhand­els oder die Gastronomi­e.

Die Gründe dafür, warum sich die Betriebe so schwertun mit der Suche, sind unterschie­dlich. Einer ist, dass immer mehr Jugendlich­e ein Studium anpeilen. „Die StudienNei­gung ist enorm angestiege­n“, sagt Olga Saitz, Pressespre­cherin der Agentur für Arbeit in Bayern. Die Zahl der Studenten nimmt in Bayern kontinuier­lich zu.

Einen anderen Grund nennt Susanne Sylvester, Sprecherin der Handwerksk­ammer (HWK) für Schwaben. Durch den demografis­chen Wandel gebe es schlicht weniger Jugendlich­e, die von den Unternehme­n eingestell­t werden könnten. Deshalb werden diejenigen, die es gibt, umso mehr umworben. Kampagnen wie „Macher gesucht!“der HWK sollen den Jugendlich­en eine Lehre schmackhaf­t machen.

Die Jugendlich­en sind aber nicht der einzige Faktor. Die Initiative „Elternstol­z“, an der sich die HWK, die IHK und auch das bayerische Wirtschaft­sministeri­um beteiligen, spricht die Eltern an. Dass viele von ihnen ihre Kinder zu höherem berufen sehen als „nur“zu einer Lehre, bemängeln Betriebe immer wieder.

Die Folge ist, dass vielen Branchen die guten Bewerber fehlen. Das spricht auch Heckemann von der IHK an: „Es rufen vermehrt Betriebe mit einer gewissen Verzweiflu­ng bei uns an.“Den Bewerbern fehle es an sozialen Kompetenze­n wie der Teamfähigk­eit oder sie haben Schwächen in Schulfäche­rn wie Mathe und Deutsch, bekommt die Kammer dann zu hören. Wegen des Mangels an Auszubilde­nden nehmen das viele Betriebe allerdings hin und bilden die Leute trotzdem aus.

In den Fokus von Unternehme­n seien zudem junge Flüchtling­e gerückt, sagt Heckemann. 375 Unternehme­n, die an die IHK Schwaben gekoppelt sind, hätten angegeben, Flüchtling­e ausbilden zu wollen. 217 Flüchtling­e werden dieses Jahr in diesen Betrieben starten. Zwar eine beachtlich­e Zahl, sagt Heckemann, aber: „Sie werden den Fachkräfte­mangel nicht beheben können.“

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