Mittelschwaebische Nachrichten
Männer unter Strom
Die Auswahl an Elektroautos ist begrenzt. Also bauten sich zwei Allgäuer selber eines. Hier ist ihre Geschichte
Der Diesel-Skandal zieht immer weitere Kreise: Fahrverbote stehen im Raum, Nachrüstlösungen werden gefordert und die Kunden sind verunsichert. Doch auch dem Benziner stehen nicht gerade rosige Zeiten bevor. Immer schärfere Umweltvorschriften bringen die Hersteller in Zugzwang, Partikelfilter für die Ottomotoren sind der erste Schritt, 48-Volt-Elektrifizierung der nächste. Der ein oder andere Kunde mag sich inzwischen schon fragen, ob es überhaupt noch Sinn macht, einen Verbrenner zu kaufen.
Doch Taten folgen auf diese Überlegungen nur selten: Trotz der düsteren Aussichten für Benziner und Diesel ist die Nachfrage nach Elektroautos in den vergangenen Monaten kaum gestiegen. Noch immer sind die Stromer zu teuer, die Reichweiten zu gering, die Ladeinfrastruktur zu lückenhaft.
Argumente, die für Benjamin Badent aus Isny im Allgäu nicht zählen: Seit Jahren schon ist der 27-Jährige elektrisch unterwegs, und für ihn ist der Stromer nicht nur ein cooles Auto, sondern Teil einer Lebenseinstellung: „Mit Anfang 20 hab ich angefangen, drüber nachzudenken, wie wir mit unserer Umwelt umgehen – da kommt man schnell auf das Thema Auto.“Es folgten das erste E-Auto (ein spartanischer, umgebauter Fiat 126), eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und schließlich der Umzug in einen Wohnwagen, der inzwischen seit über einem Jahr Badents Zuhause ist. Der Elektro-Fiat wurde allerdings schnell zu klein, und der Allgäuer tauschte ihn gegen einen VW T2. Richtig gehört: Den guten alten VW Bus aus den 70er Jahren, mit dem die Hippies seinerzeit von San Francisco zum Big Sur gefahren sind. Den Flowerpower-Charme inklusive Peace-Zeichen auf der Schnauze hat Badents T2 auch, doch von dem knatternden, luftgekühlten Vierzylinder-Boxermotor im Heck ist nichts zu hören, wenn der Neu68er damit durchs Allgäu rollt. Den Benziner hat er zusammen mit seinem Kumpel Benno Hartmann kurzerhand rausgeworfen und durch einen E-Motor ersetzt.
Eine Idee, die VW auch selbst hatte, als die Marke Anfang der 70er Jahre auf der Suche nach einer Antwort auf die Ölkrise war. Damals rüsteten die Wolfsburger den T2 mit einem rund 20 kW starken E-Motor aus und und verbauten zwischen den Achsen eine gut 800 Kilogramm schwere Bleibatterie, die Energie für circa 70 Kilometer speichern konnte. Wer den Stromspeicher nicht in mehreren Stunden an der Steckdose wieder auffüllen wollte, konnte den Akku tauschen; die Gesellschaft für elektrischen Straßenverkehr, eine RWE-Tochter, hatte dafür in einigen Städten eigens Wechsel-Tankstellen errichtet. Schon damals allerdings hatten die Stromer das gleiche Problem wie heute: den Preis. Gut 60000 Mark mussten auf den Tisch gelegt werden, drei Mal so viel wie für den normalen T2. Immerhin gut 150 Fahrzeuge wurden damals gebaut, erhalten sind davon nur noch wenige.
Doch zurück ins Allgäu: Statt wie VW den kompletten Antriebsstrang – beim Original-E-Bulli konnte die Fahrtrichtung per Schalter gewechselt werden –, haben Benni und Benno nur den Antrieb ausgetauscht. Das heißt: Der E-Motor schickt seine Kraft über das konventionelle Getriebe an die Räder. Und statt einer Blei-Batterie setzten
Wer Lust auf ein Elektroauto der Marke Eigenbau bekommen hat, findet im Internet zahlreiche Umbau Anleitungen und kann sogar kom plette Bausätze bestellen.
Einer der besten Ratgeber zum Thema Elektro Umrüstung ist Heiko Fleck (www.fleck elektroauto.de). Der Strompionier aus dem oberbay rischen Pfarrkirchen hat auch Benjamin Badent bei seinem T2 Umbau un terstützt und mittlerweile zahlreiche Verbrenner gegen E Motoren aus getauscht.
Umrüsten lassen sich am besten die beiden auf einen Lithium-Mangan-Akku, der deutlich leichter ist: Gegenüber den 2,2 Tonnen, die der Elektro-T2 in den 70ern auf die Waage brachte, ist der Allgäuer Stromer mit 1400 Kilogramm schon fast ein Fliegengewicht. Dementsprechend geringer ist auch der Verumzubauen brauch, und die 24 Kilowattstunden Energie reichen heute für gut 130 Kilometer Reichweite – auch unter Extrembedingungen, wie die beiden jüngst bei der Silvretta-E-AutoRallye im hügeligen Montafon unter Beweis gestellt haben. Der Clou: An besonders sonnigen Tagen können sie sogar ein paar Kilometer mehr mit ihrem E-Bus zurücklegen. Auf dem Dach sind Solarzellen verbaut, die je nach Wetterlage Strom für bis zu 20 zusätzliche Kilometer erzeugen können.
Bis Benni und Benno allerdings das erste Mal mit ihrem T2 losstromern konnten, verging einige Zeit. Gut zwei Jahre haben die beiden an dem alten VW gearbeitet – und rund 25000 Euro investiert. Die meiste Zeit, so Benni, haben allerdings die Restaurierung und der Ausbau des 1977 gebauten Busses in Anspruch genommen. „Die eigentliche Umrüstung auf den E-Antrieb hat nur drei Monate gedauert“– und auch der TÜV hat zum Glück gleich mitgespielt.
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