Mittelschwaebische Nachrichten
Damit die Igel gut über die Straße kommen
Was Autofahrer tun können und warum Naturschutz-Experte Ottmar Frimmel für mehr „Mut zur Wildnis“plädiert
Landkreis Ein trauriger Anblick: Sie liegen platt gefahren auf der Straße. Für viele Igel endet leider so das Leben. Jetzt, im August, ist noch Paarungszeit und die männlichen Igel legen nachts zum Teil weite Strecken zurück. Dabei überqueren sie natürlich auch so einige gefährliche Straßen. Deutschlandweit werden jedes Jahr etwa eine Million Igel überfahren.
Doch mit mehr Rücksicht könnte mancher Igel diesem Tod entgehen, da ist sich Ottmar Frimmel von der Unteren Naturschutzbehörde am Günzburger Landratsamt sicher. „Langsamer und mit mehr Aufmerksamkeit fahren, das könnte so manchem stacheligen Gesellen das Leben retten“, appelliert Frimmel. Selbst wenn das Tier nicht von den Reifen überrollt wird, kann er unter dem Auto auf Grund des durch die hohe Geschwindigkeit entstehenden Unterdrucks sterben. „Die inneren Organe des Igels zerplatzen“, er- klärt Frimmel. Verringert man die Geschwindigkeit auf circa 50 Stundenkilometer, ist die Chance größer, dass das Tier überlebt.
Der Igel, von vielen Menschen auch als Glücksbringer betrachtet, ist nicht nur bei den Kindern sehr beliebt. In so manchem Garten ist er ein gern gesehener Gast. Nicht zuletzt, da er sich auch über die ungeliebten Schnecken hermacht. Dass sich der Igel im Garten zuhause fühlt, dafür kann der Besitzer einiges tun. Es sollte darauf geachtet werden, so Frimmel, dass Mauern oder Betonsockel unter den Zäunen nicht zu unüberwindbaren Hindernissen für die Tiere werden. „Wir müssen für den Igel Lebenräume schaffen“, sagt Frimmel. Dazu gehört, dass man auch etwas Laub im Garten liegen lässt und Strauchoder Gehölzabschnitte in einem Haufen als Unterkunft für den Igel stapelt. Der Garten sollte nicht „englisch aufgeräumt“sein, sondern es sollten unaufgeräumte Ecken belassen werden, meint Frimmel. „Mut zur Wildnis“appelliert er. Kein Schneckenkorn im Garten verwenden und auf Pestizide gänzlich verzichten. Lieber eine Blumenwiese statt eines Einheitsrasens anlegen. Dabei sollte auf einheimische Pflanzen geachtet werden. Ein Gartenteich sollte so gestaltet sein, dass ein Igel herausklettern kann. Keller- und Lichtschächte abdecken, daraus gibt es für den kleinen Kerl sonst kein Entrinnen. Beim Umsetzen von Laub- und Komposthaufen vorsichtig sein. Darunter könnte sich ein Igel eingenistet haben.
„Die Vorfahren des Igels lebten schon vor 15 bis 20 Millionen Jahren und zählen zu den ältesten Säugetierarten“, sagt der Naturexperte. Ein beeindruckender Zeitraum. Wenn auch der Igel in Bayern derzeit noch keine gefährdete Tierart ist, so sollte er dennoch in seinem Fortbestand durch den Menschen unterstützt werden, sagt Frimmel. Aber auch nicht zuviel in die Natur eingreifen. Nicht jeder Igel, dem man begegnet, braucht unsere Hilfe. Die Aufnahme eines Igels in menschliche Obhut sollte die absolute Ausnahme sein. Darauf weist Frimmel deutlich hin. „Eine künstliche Überwinterung in Menschenobhut wirkt sich negativ aus.“
Sollte jedoch beispielsweise ein Igel schwer verletzt sein oder sein Gewicht unter 500 Gramm liegen (jedoch nicht vor Mitte November), dann wäre Hilfe angesagt. Zufüttern sollte man nur bei untergewichtigen Igeln im Herbst und Frühjahr. Verletzte oder kranke Tiere gehören zum Tierarzt. Und – ganz wichtig – den Igel nicht mit Milch füttern.
Ansonsten sollte sich der Mensch nicht einmischen. Der Igel hat eine hohe Nachwuchsrate und gleichzeitig eine hohe natürliche Sterblichkeitsrate. Mit mehr Rücksicht für seinen Lebensraum und mehr Umsicht in unserem Fahrverhalten können wir dafür sorgen, dass die kleinen stacheligen Freunde nicht durch uns Menschen ihr Leben lassen müssen.