Mittelschwaebische Nachrichten
Heizen mit Öl bleibt erst einmal günstig
Experten sprechen von einem enorm großen Angebot. Doch ein Hurrikan könnte alles durcheinanderwirbeln
Wer sein Haus oder seine Wohnung mit Heizöl wärmt, kann den kommenden kalten Monaten wohl gelassen entgegensehen, denn der Preis für Heizöl zeigt sich stabil. Der Durchschnittspreis der vergangenen 100 Tage liegt laut dem Unternehmen Tecson bei 53,20 Euro pro 100 Liter bei einem Kauf von 3000 Litern. Mit 53,70 Euro ist das Öl aktuell nur knapp teurer.
Damit bestätigt sich der niedrige Preistrend der vergangenen Jahre. Zwar kommt er nicht an das niedrige Niveau von 2016 heran – damals war der Preis für Heizöl so billig wie seit zwölf Jahren nicht mehr –, trotzdem können sich die Zahlen sehen lassen. 2012 kosteten 100 Liter Öl zum gleichen Zeitpunkt beispielsweise noch 90,20 Euro. Der Grund für die niedrigen Preise: „Die Welt schwimmt im Öl“, sagte Rainer Wiek vom Energie Informationsdienst unserer Zeitung. Der Bedarf sei gedeckt, weshalb die Nachfrage nicht sehr hoch sei.
Darüber, ob das auch das restliche Jahr so bleibt, will Rainer Wiek allerdings keine Prognose abgeben. Dafür sei der Markt zu anfällig für Schwankungen, sagte er. Doch momentan sieht es für die Verbraucher gut aus. „Wir haben Ölvorräte bis zum Abwinken“, erklärte er, betonte aber, dass es spontane Entwicklungen immer geben könne.
So eine ist der Hurrikan Harvey, der zur Zeit über die Golfküste der USA zieht und große Teile des Bundesstaats Texas verwüstet. Texas ist eine der wichtigsten Öl-Förderregionen der Welt. Durch die starken Regenfälle der vergangenen Tage stehen nun allerdings weite Teile des Bundesstaates unter Wasser. Die Folgen spüren nicht nur die Einwohner, deren Häuser reihenweise zerstört wurden, sondern auch die Ölindustrie. Branchenriesen wie Shell oder Exxon teilten mit, ihre Raffinerien geschlossen zu haben. Das hatte zur Folge, dass Teile der Rohöl-Verarbeitung in der Region stillstehen. Experten gehen davon aus, dass täglich eine Million Barrel Rohöl (je 159 Liter) nicht verarbeitet werden kann. Dadurch sinkt dort die Nachfrage bei den Öllieferanten, was den Preis drückt. Am Mittwochmorgen kostete ein Barrel Brent zur Lieferung im Oktober 51,79 US-Dollar, 21 Cent weniger als am Tag zuvor. Der Preis der Sorte West Texas Intermediate (WTI) sank um 14 Cent auf 46,30 Dollar. Diese Preissenkungen
„Die Benzinpreise in Europa und damit Deutschland ziehen am Produktmarkt wegen ,Harvey‘ an.“Alexander von Gersdorff, MWV Sprecher
möchte Rainer Wiek jedoch nicht als Anlass nehmen, um von einem niedrigeren Heizölpreis auszugehen. „Dafür sind sie viel zu gering.“
Beim Benzinpreis könnte die Sache anders aussehen, teilte Alexander von Gersdorff, Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbandes MWV unserer Zeitung auf Anfrage mit. Er verweist auf Rohstoffexperten der Commerzbank und sagt: „Die Benzinpreise in Europa und damit Deutschland ziehen am Produktmarkt wegen ,Harvey‘ an.“Die Experten begründen das damit, dass wegen des Hurrikans das Benzin knapper wird, weil die Raffinerien stillstehen. Dadurch steige der Preis bei gleicher Nachfrage. „Da Benzin auch aus Europa importiert werden kann, geht auch hier der Produktpreis laut Commerzbank nach oben“, sagte von Gersdorff. Um wie viel, schätzte er nicht ein.
Die aktuellen Benzin- und Literpreise lassen solche Schlüsse jedoch nicht zu. So äußerte sich auch ein ADAC-Sprecher: „Das ist für uns noch nicht feststellbar.“