Mittelschwaebische Nachrichten
Sie planen die Wahl im Kreis
Warum Karen Beth und Stefan Hatzelmann die Abstimmung in gut drei Wochen bereits seit vielen Monaten beschäftigt. Und warum jeder Buchstabe zählt
Warum Karen Beth und Stefan Hatzelmann die Abstimmung in gut drei Wochen bereits seit vielen Monaten beschäftigt. Und warum jeder Buchstabe zählt.
Neu Ulm/Günzburg Für Karen Beth und Stefan Hatzelmann ist die Bundestagswahl am 24. September fast schon gelaufen – jedenfalls, was den Arbeitsaufwand betrifft. Denn der überwiegende Teil der Arbeit ist tatsächlich bereits erledigt. Muss er auch, da die beiden Verwaltungsbeamten beruflich mit der Abstimmung in dreieinhalb Wochen zu tun haben. Ohne deren Organisation gäbe es in den Wahllokalen in den Landkreisen Neu-Ulm, Günzburg und in Teilen des Landkreises Unterallgäu nicht einmal Stimmzettel, auf denen die insgesamt 240 905 Wählerinnen und Wähler zwei Kreuze machen können: eines für den Direktkandidaten aus der Region (Erststimme) und ein weiteres für die Landesliste der Partei, die bevorzugt wird (Zweitstimme).
Seit über zwei Wochen sind die Stimmzettel bereits bei den Gemeinden, damit die Briefwähler ihre Unterlagen rechtzeitig anfordern können. Vorher wurde akribisch darauf geachtet, dass alles passt auf den grauen, länglichen Zetteln, auf denen der Abstand zwischen den einzelnen Bewerbern, zwischen den Rändern des Blattes und den Listen mit den Bewerber- und Parteinamen auf den Millimeter genau stimmen muss. In Zweierteams (einer liest vor, der andere liest mit) wird dreimal der Stimmzettel für die Wahl zum Deutschen Bundestag überprüft, ehe die verbesserte Fassung nochmals Korrektur gelesen wird. Immerhin – zwei Fehler wurden entdeckt: So fehlte beim Kandidaten der Linken, Elmar Heim, der zweite Vorname Lorenz. Und bei Andreas Beier war die in kleinen Buchstaben geschriebene Langfassung seiner Partei Unabhängige nicht korrekt. Das mögen formalistische Petitessen sein. Aber ein vergleichbarer Fehler hat gereicht, dass 260 000 Stimmzettel des Wahlkreises Starnberg-Landsberg neu gedruckt werden mussten, um einer möglichen Wahlanfechtung aus dem Weg zu gehen. „Das hat mit Sicherheit kein Wahlleiter gern“, sagt Hatzelmann, Stellvertreter von Kreiswahlleiterin Beth – und mit der Abwicklung der Bundestagswahl im Wahlkreis 255 Neu-Ulm betraut. Mehr noch als die finanziellen Kosten von einigen Tausend Euro schmerze es, der Lächerlichkeit preisgegeben zu werden, nicht einmal so einen Stimmzettel unfallfrei hinzubekommen. Deshalb nimmt sich der Leiter des Fachbereichs „Kommunalrecht und Wahlen“im Neu-Ulmer Land- ratsamt ausreichend Zeit und bereitet sich rechtzeitig vor, um nicht in die Stressfalle zu tappen, die eine Fehlerquelle erster Güte sein könne.
So will er es auch am Wahlabend selbst haben: „Genauigkeit geht vor Schnelligkeit“, sagt Hatzelmann an die Adresse der Kommunen, die nicht in einen Wettbewerb verfallen sollten, wer als Erster das Ergebnis in seinem Bereich liefern könne. „Mir ist wichtig, dass das Resultat stimmt.“Die Werte werden kurz überprüft, ob sie plausibel sind, ehe sie eingespeist werden. Wenn eine kleine Partei einen übermäßig hohen Stimmenanteil hätte oder die Zahl der Wähler über die der Stimmberechtigten liegen würde, dann „hätten wir ein Problem“.
Am liebsten ist es Beth und Hatzelmann verständlicherweise, wenn sie nicht zum Telefonhörer für Nachfragen greifen müssen, denn das bedeutet Zeitverlust. „Manchmal hängt das Gesamtergebnis an einem einzigen Wahllokal.“
32 Monate nach dem Beginn der Legislaturperiode dürfen die Direktkandidaten für die nächste Bundestagswahl bestimmt werden. Der frühestmögliche Zeitpunkt war März 2016. Und sieben Monate später stand mit Richard Böhringer von der FDP tatsächlich der erste Bewerber im Wahlkreis Neu-Ulm fest. Am 17. Juli 2017 meldete sich mit dem Mann der Unabhängigen einer auf den letzten Drücker. Die Kreiswahlbehörde berät bei Bedarf, damit Fehler vermieden werden; sie prüft, ob Aufstellungsversammlungen korrekt abgelaufen sind, ob – falls nötig – genügend gültige Unterstützungsunterschiften für einen Direktkandidaten beigebracht wurden. 200 müssen es sein.
Am Wahltag ist das Neu-Ulmer Landratsamt ab 8 Uhr besetzt. Nach der Schließung der Wahllokale um 18 Uhr laufen hier die Ergebnisse ein – übertragen auf eine Leinwand im Sitzungssaal, den interessierte Bürger aufsuchen können. Für Beth und Hatzelmann ist das natürlich ein Arbeitstag. Eines werden sie trotz ihres Dienstes machen: Wählen gehen. „Selbstverständlich“, sagt die Kreiswahlleiterin. „Ihr Wahlrecht sollten alle in Anspruch nehmen“, fügt die 55-Jährige hinzu. Nur einmal an ihrem Studienort Erlangen habe sie eine Kommunalwahl verpasst, „weil ich kurz vorher hingezogen war und nicht wusste, um was es da im Detail gegangen ist“. Deshalb habe sie noch heute „ein schlechtes Gewissen“. Der Satz, den sie ausspricht, ist keineswegs ironisch gemeint.
Keinerlei Gewissensbisse plagen Stellvertreter Hatzelmann. 50 Jahre ist er alt. Gewählt hat er immer, seit er darf.