Mittelschwaebische Nachrichten
Kiloweise Drogen in den Landkreis gebracht
Die Staatsanwaltschaft Memmingen wirft zwei Männern und einer Frau aus Günzburg umfangreiche Delikte vor. Wann es mit dem Prozess vor dem Landgericht weiter geht
Memmingen/Günzburg Unter erhöhten Sicherheitsmaßnahmen begann am Memminger Landgericht ein Drogenprozess gegen zwei Männer und eine Frau aus Günzburg. Dem Trio wird Einfuhr und Handel mit Kokain und Marihuana im Kilobereich zur Last gelegt. Bei einer der Rauschgift-Beschaffungstouren von Holland nach Bayern griff die Kripo zu und nahm die Frau fest.
Die drei Angeklagten sitzen seit Mitte November vergangenen Jahres in Untersuchungshaft. Sie wurden gefesselt aus Gefängnissen in München-Stadelheim, Gablingen und Memmingen vorgeführt, bewacht von insgesamt fünf Polizisten. Wegen der Fortdauer der Untersuchungshaft musste die 1. Strafkammer des Landgerichts unter Vorsitz von Jürgen Hasler am Donnerstag einen außerordentlichen Verhandlungstag ansetzen, erst Mitte September geht der Prozess weiter.
Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft haben Ertugul B., 28, ein arbeitsloser Pizzabäcker, der Hilfsarbeiter Adnan E., 32 und Nicole K., 56, eine Rechtsanwaltsfachangestellte, intensive umfangreiche Drogendelikte verübt. Zunächst hätten die beiden Männer Anfang September 2016 verabredet, ins Rauschgiftgeschäft einzusteigen. Aus den Niederlanden sollten Amphetamin, Marihuana und Kokain besorgt werden, um diese Betäubungsmittel im Bereich Günzburg und Leipheim unter die Leute zu bringen. „Hierdurch wollten sich die Angeschuldigten B. und E. eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen“, heißt es in der Anklageschrift, die unserer Zeitung vorliegt.
Die Organisation des Drogenhandels habe bei B. gelegen, der den Kontakt mit Lieferanten in Holland herstellen sollte. Bei den ersten Touren soll ihn der Komplize begleitet haben. Dann hatten die beiden nach den Ausführungen in der Anklageschrift offenbar eine Idee, um das Entdeckungsrisiko für die Beschaffungstouren möglichst gering zu halten. Sie sollen Nicole K. „als Kurierfahrerin für die Betäubungsmittel“engagiert haben, so die Anklage. Um diesen Plan umzusetzen, habe B. bei einem Neu-Ulmer Autoverleih einen Wagen angemietet. Mit diesem Auto sei die Komplizin in die Niederlande gefahren, parallel dazu B., der selbst keinen Führerschein hat, begleitet von E. und einem weiteren unbekannten Fahrer.
Treffpunkt in der Stadt Venlo sei das Restaurant einer bekannten Burgerkette gewesen. Dort übernahm der Anklage zufolge B. das Kurierfahrzeug und besorgte die Drogen, die professionell in Ersatzreifen und Motorraum versteckt wurden. Anschließend soll sich das Trio getrennt voneinander wieder auf den Rückweg gemacht haben. In Günzburg angekommen, sei das Rauschgift aus den Verstecken geholt und arbeitsteilig durch B. und E. mit Gewinn weiter verkauft worden. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft war es der Beschuldigten Nicole K. bewusst, dass sie als Fahrerin des Mietwagens Drogen in größerem Umfang nach Deutschland brachte. Sie soll dafür jeweils 600 Euro als „Lohn“erhalten haben.
Insgesamt habe das Trio fünf solcher Beschaffungstouren von September bis November vergangenen Jahres organisiert. Dabei wurden Amphetamine, Kokain und Marihuana im Umfang von mindestens zwölf Kilogramm in den Landkreis Günzburg transportiert. Bei der letzten Fahrt am 15. November endete das einträgliche Drogengeschäft abrupt. Die Kripo war dem Trio auf die Schliche gekommen und überwachte die Beschaffungsfahrt. Als Nicole K. mit dem Mietwagen von Holland kommend am Autobahnanschluss Günzburg abfuhr, erfolgte um 1.48 Uhr der Zugriff der Fahnder. Allein bei dieser Tour stellten sie in den Fahrzeugen fast drei Kilogramm Marihuana und Kokain sicher. Am gleichen Tag entdeckten die Ermittler bei der Durchsuchung der Wohnung von E. knapp 120 Gramm Kokain.
Während die beiden männlichen Angeklagten bisher jedenfalls zur Sache keine Angaben machen, hat die Komplizin ihre Beteiligung an den Rauschgifttouren wohl eingeräumt. Auf die Delikte, der Beschaffung und dem Handel mit Drogen in nicht geringen Mengen, wie es juristisch heißt, stehen empfindliche Strafen.
Sollte das Trio verurteilt werden, drohen ihnen zwischen zwei und bis zu 15 Jahre Gefängnis, in minderschweren Fällen von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
Der nächste Prozesstag am Landgericht Memmingen findet am Mittwoch, 13. September, um 9 Uhr statt.
Mit dem Mietwagen in die Niederlande gefahren