Mittelschwaebische Nachrichten
Beschwichtigungen der Politiker sind unangebracht
Der Souverän, also der Herrscher in einer Demokratie, ist das Volk. Wenn er unzufrieden ist, wählt er die Regierung ab. Das ist ein wichtiger und normaler Vorgang in dieser Staatsform. Bedenklich wird es, wenn das so geschieht, wie jetzt in unserem Land, aber auch bei vielen europäischen Nachbarn, die den Rechtspopulisten zunehmend auf den Leim gehen. Nachdem es nun auch bei uns den großen Rechtsruck gegeben hat, bemühen sich die Akteure auf der politischen Bühne immer wieder zu betonen, wie stabil die Demokratie in Deutschland trotzdem sei. Ich möchte diesen Beschwichtigungen widersprechen. Eine Demokratie ist nur so stabil, wie das Wahlvolk bereit ist, sie auch in Zeiten der Not nicht infrage zu stellen. Nun leben wir in Deutschland, trotz mancher Probleme, in einem in seiner gesamten Geschichte noch nie da gewesenen goldenen Zeitalter des Wohlstands und der Freiheit. Über zehn Prozent derer, die sich an der Wahl beteiligt haben, meinen nun, in dieser Situation ein Gebilde aus Fremdenhassern und völkischen Traumtänzern mit braunem Anstrich wählen zu müssen, dessen Vorsitzender noch am Wahlabend die Jagd auf die Kanzlerin eröffnet hat. Was würde dieses Volk wohl wählen, kämen, was Gott verhüten möge, einmal wieder Notzeiten über uns, wie in den Dreißigerjahren. Die braunen Kameraden hätten wohl kaum Probleme, ihr Volk zurückzugewinnen. Der Berliner Maler Max Liebermann hatte doch recht: „Ick kann jar nischt so viel fressen, wie ick kotzen möchte.“Alexander Bauer, evangelischer Pfarrer in Günzburg