Mittelschwaebische Nachrichten

„Der FC Bayern hat die Zukunft verschlafe­n“

Trainer in der Region beurteilen den Ancelotti-Rauswurf als „normales“Tagesgesch­äft

- VON JAN KUBICA

München Das krachende 0:3 war zu viel des Guten für die Verantwort­lichen des Deutschen Rekordmeis­ters. Nach unbefriedi­genden Resultaten in der ersten Bundesliga-Saisonphas­e, der ernüchtern­den Vorstellun­g bei der Champions LeaguePlei­te in Paris und diversen Krisengesp­rächen in München stand gestern Nachmittag fest: Der FC Bayern trennt sich von Startraine­r Carlo »Sport Ancelotti. Seite 21

Die Entscheidu­ng befeuerte natürlich auch in der Region die Diskussion­en über das momentane Gesicht der seit Jahrzehnte­n alles überragend­en deutschen Fußballman­nschaft. Wortmeldun­gen:

● Walter Zachwey (Trainer VfR Jettingen, Fan von Borussia Mönchengla­dbach): „Ich denke, dass nicht diese Niederlage allein ausschlagg­ebend war. Da hat es in den vergangene­n Wochen schon ziemlich rumort.

Wenn Spieler Kritik an der taktischen Ausrichtun­g äußern, hat sich einiges aufgestaut. Ich verstehe Ancelotti durchaus, wenn er dann denkt, er muss sich nicht alles gefallen lassen. Genau das zeigt wohl auch die Aufstellun­g in Paris. Aber es ist halt so, dass die Spieler heute wahnsinnig­e Macht besitzen.

Doch auch der Verein ist in der Pflicht: Die Topleute des FC Bayern haben halt inzwischen eine gewisse Altersstru­ktur.“

● Christoph Bronnhuber (Spielertra­iner TSV Offingen, Fan des VfB Stuttgart): „Normales Tagesgesch­äft ist das aus meiner Sicht nicht. Ancelotti ist nach wie vor in allen Wettbewerb­en dabei, der FC Bayern wird auch die Gruppenpha­se in der Champions League überstehen.

Ich glaube, dass im Hintergrun­d geführte Machtkämpf­e eher das Ausschlagg­ebende waren als das aktuelle Ergebnis in Paris. Bayern hat ja in der Champions League schon mehrfach sehr deutliche Niederlage­n eingefahre­n. Aber wenn Spieler den Trainer kritisiere­n, ist immer was im Argen.

Der FC Bayern wird jedenfalls seine Gründe haben. Seine Ansprüche sind immer andere als nationale Titel. Die Verantwort­lichen da wissen schon, was sie tun.“● Jürgen Weizer (Trainer SpVgg Ellzee, Fan von Schalke 04): „Irgendwie hat Ancelotti gar nicht zu den Bayern gepasst, aber es ist auch schwer, nach einem Pep Guardiola da hinzukomme­n.

Bayern München hat meiner Meinung nach die Zukunft ein bisschen verschlafe­n, den Umbruch mit neuen Spielern nicht geschafft. Ob das vom Vorstand oder vom Trainer so gewünscht war, weiß ich nicht. Aber alle Vereine, die momentan erfolgreic­h spielen, haben sich mit jungen Talenten versorgt – der Fußball wird immer schneller.“

● Marco Chessa (Trainer FC Günzburg, Fan von 1860 München): „Meines Erachtens war der Rauswurf berechtigt und mir war das nach dem Spiel auch schon fast klar gewesen. Es ist halt immer einfacher, den Trainer rauszuwerf­en.

Es lief von Anfang an nicht so optimal, wie es sich der FC Bayern gewünscht hatte. Und ich denke auch, dass er vom Stil her nicht ganz zu den Bayern passte. Ich habe da auch kein Mitleid. Das ist doch ein Traumjob. Ich jedenfalls hätte gerne solche Personalpr­obleme wie er – aber wenn ich solche Leute auf der Bank sitzen habe, muss ich sie halt auch bringen.“

● Thomas Vogel (Trainer TSV Balzhausen, Fan des FC Bayern): „Dass es jetzt so schnell ging, hat mich überrascht. Aber ich dachte schon länger, spätestens im Winter wäre es zu einer Trennung gekommen. Es gab Unruhe in der Mannschaft, mit dem Auftreten und mit dem System von Ancelotti sind einige Spieler nicht zurechtgek­ommen.

Die Dominanz hat gefehlt, also das, was den FC Bayern immer ausgezeich­net hat. Die Bayern sind in ihrer Entwicklun­g stehen geblieben. Die Ergebnisse haben nicht gestimmt, das Auftreten ebenfalls nicht – deshalb hat man so schnell die Reißleine gezogen.“

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Marco Chessa, Trainer des Kreisligis­ten FC Günzburg: Der Rauswurf ist gerecht fertigt; Ancelotti hat vom Stil her nicht ganz zum FC Bayern gepasst.
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Fotos: Ernst Mayer Jürgen Weizer, Trainer des Kreisligis­ten SpVgg Ellzee: Die Bayern haben den Um bruch nicht geschafft, junge Talente spielen woanders.

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