Mittelschwaebische Nachrichten
Manipulierter Müll?
Wie die Branche um Abfall, Abrechnungen und Millionenbeträge streitet
Berlin In der Recycling-Branche tobt ein erbitterter Streit. Es geht darum, wer die Verwertung zehntausender Tonnen Kunststoff bezahlen soll. Vorwürfe machen die Runde, einige Betreiber wollten sich auf Kosten der anderen bereichern.
Ursache der Krise: Vom Joghurtbecher bis zur Tomatenschale fällt mehr Verpackungsabfall zum Recycling an, als Hersteller und Handel zuvor in einem komplizierten Lizenzsystem angemeldet haben. Sie sind es, die dann für die Entsorgung bezahlen müssen. Manche Hersteller halten sich nach Branchenangaben aber klammheimlich heraus oder nutzen rechtliche Schlupflöcher, um diese Kosten zu vermeiden.
Ein Beispiel: Oft steckt in den Gelben Säcken Luftpolsterfolie aus Versandpaketen, für deren Entsorgung kein Hersteller bezahlt hat. Allein im vergangenen Jahr fielen nach Branchenangaben 89000 Tonnen Leichtverpackungen an, deren Entsorgungskosten von rund 50 Millionen Euro nicht finanziert waren. Organisiert wird das Recycling von zehn sogenannten Dualen Systemen, darunter als bekanntester Betreiber das Duale System Deutschland mit dem Grünen Punkt. Kleinere überschüssige Abfallmengen fangen die Systembetreiber über eine Umlage untereinander auf. Doch in den vergangenen Wochen war für einige große Betreiber das Maß voll: Sie kündigten die entsprechenden Verträge.
Systembetreiber wie etwa Reclay werfen anderen Dualen Systemen unseriöse Praktiken vor. Sie gäben falsche Abfallmengen an, um von der Umlage zu profitieren – auf Kosten der Ehrlichen. Inzwischen wird über neue Verträge ohne große Schlupflöcher verhandelt, die auch eine ständige Kontrolle durch Wirtschaftsprüfer vorsehen. Es ziehen aber nicht alle Systembetreiber mit. Dabei sind die neuen Regelungen für Interseroh-Chef Markus Müller-Drexel viel transparenter. „Jeder seriöse Anbieter dürfte kein Problem haben, sich unserer Lösung anzuschließen.“Gibt es bis Jahresende keine einheitliche Regelung, droht das Verrechnungssystem noch komplizierter zu werden. Erst 2019 könnten die Streitereien ein Ende haben – dann fließen alle Daten bei einer neuen Behörde zusammen, der Zentralen Stelle, die mit dem neuen Verpackungsgesetz eingerichtet wurde.
Außen vor sind bei den Verhandlungen die Entsorgungsunternehmen, die eigentliche Müllabfuhr, die die Gelbe Tonne und den Gelben Sack abholt. Sie ist jedoch darauf angewiesen, dass die Dualen Systeme sie auch bezahlen. Zunächst aber stellt der Bundesverband der Entsorgungswirtschaft klar: „Die Abholung vor Ort ist nach wie vor gewährleistet.“