Mittelschwaebische Nachrichten
Das letzte Interview des Erich H.
TV-Komödie „Willkommen bei den Honeckers“beruht auf einer wahren Geschichte
Augsburg Die Geschichte ist so verrückt, dass sie als fiktives Drehbuch wahrscheinlich abgelehnt worden wäre. Da träumt ein junger ostdeutscher Kellner davon, Journalist zu werden. Er hat aber leider weder Abitur noch sich sonst große fachliche Meriten verdient. Weil er aber unbedingt einen Reporterjob will, kommt er auf die absurde Idee, Erich Honecker im chilenischen Exil aufzusuchen.
Unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gelingt ihm dann tatsächlich das weltweit einzige Interview des früheren DDR-Staatschefs während seiner Zeit in Südamerika. Das Schelmenstück war übrigens seine Eintrittskarte bei der Bild- Zeitung, bei der er bis heute beschäftigt ist.
So weit, so gut. Einen Preis für Ethik im Journalismus hat der junge Mann sicher nicht verdient, aber die Chuzpe, sich an so einem gewissermaßen aussichtslosen Projekt zu versuchen, ist der ARD heute sogar einen Fernsehfilm wert: „Willkommen bei den Honeckers“.
Der Film erzählt eine Story, die im Grunde gar nicht komisch ist, auch wenn Matthias Pacht (Buch) und Philipp Leinemann (Regie) daraus eine Komödie gemacht haben.
Aber der Reihe nach. Der Möchtegern-Reporter Johann Rummel aus Frankfurt an der Oder hat nur eine Chance: Er soll einen echten Knüller für die Bild bringen. Als er der Zeitung kurz darauf ein Interview mit Erich Honecker (Martin Brambach) anbietet, wird er nicht ganz ernst genommen. Die gesamte Weltpresse will dieses letzte Gespräch und niemand hat es bisher be- kommen. Warum sollte der Aufmacher des Jahres ausgerechnet einem Kellner aus Frankfurt an der Oder gelingen? Aber Johann hat einen irren Plan.
Um Honeckers Vertrauen zu gewinnen, freundet er sich mit alten SED-Genossen an und gründet zum Schein den Bund der Jungkommunisten im wiedervereinigten Deutschland. Gestellte Fotos und unzählige Fan-Briefe an den letzten Genossen sind nur der Anfang.
Johanns bestem Freund Maik geht das zu weit und Freundin Jenny, gespielt von Cornelia Gröschel, deren Bruder bei der „Republikflucht“ums Leben kam, wendet sich von ihrem Zukünftigen ab. Der aber ist inzwischen wie besessen von der Idee, das Interview mit Honecker zu führen. Am Ende landet er tatsächlich in Santiago de Chile, spricht und bruderbusselt mit „Honi“, und dessen Frau Margot selbst schießt die Fotos dazu.
Allein Martin Brambach, der Honecker wunderbar verkörpert, macht den Film, der auch einige Ostklischees widerspiegelt, lohnenswert. Den Jungjournalisten spielt großartig Max Bretschneider, der die positive Aufbruchstimmung nach dem Mauerfall ausgezeichnet personalisiert – und zudem zeigt, wie nah Zielstrebigkeit und Skrupellosigkeit im Journalismus beieinanderliegen können.
Willkommen bei den Honeckers“