Mittelschwaebische Nachrichten
Das lange Sterben eines Osram Standorts
Warum die chinesischen Eigentümer das Augsburger Lampen-Werk trotz anfänglicher Euphorie schließen wollen
Augsburg Ende Februar 2016 waren die Hoffnungen noch groß. Konzern-Chef Olaf Berlien ließ die Nachricht über den Verkauf einer Sparte seines Konzerns an asiatische Investoren mit „Osram findet besten Eigentümer für Lampengeschäft“betiteln. Der chinesische Anbieter MLS, der Leuchtdioden, also LEDs, herstellt, kam zum Zuge. Die Firma mit damals rund 12500 Mitarbeitern hatte dabei ein Konsortium um sich geschart, um den Kauf des klassischen OsramLampengeschäfts mit rund 8800 Beschäftigten stemmen zu können.
So sind zusätzlich der strategische Investor IDG Capital, eine der ersten ausländischen WagniskapitalFirmen in China, und der Finanzinvestor Yiwu mit an Bord. Berlien, der „von einem Meilenstein“ sprach, konnte sich nach damaligem Stand über gut 400 Millionen Euro freuen, die er mit dem Verkauf erlöste. Und MLS-Chef Sun Qinghuan sagte: „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit.“Aus Freude ist Betretenheit geworden. Nach Informationen unserer Zeitung aus Industriekreisen wollen die chinesischen Eigentümer den Standort schließen. Am Montag sollen die noch rund 650 Beschäftigten in einer Mitarbeiterversammlung in Augsburg darüber informiert werden.
Das frühere Osram-Werk, in dem Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen hergestellt werden, firmiert unter dem Namen Ledvance. Wie es weiter aus verlässlichen Quellen heißt, sei auch der Ledvance-Standort Eichstätt mit noch gut 450 Mitarbeitern von den Kürzungsplänen betroffen. Hier ist aber nicht von einer Schließung des Werks die Rede, sondern von einem Arbeitsplatzabbau. Wie viele Stellen wegfallen, sei unklar. Dagegen drohe dem Berliner Ledvance-Werk (rund 200 Beschäftigte) wie dem Augsburger Standort das Aus, heißt es aus gut unterrichteten Kreisen.
Hintergrund dieser massiven Einschnitte ist vor allem ein sich noch schneller als gedacht verändernder Lichtmarkt. LEDs, also Leuchtdioden, sind günstig, langlebig und sparen Energie ein. Verbraucher greifen zu. Auf der anderen Seite sinkt die Nachfrage nach Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren, wie sie in Augsburg hergestellt werden. Nach Recherchen leiden die Ledvance-Standorte weltweit darunter. Es ist hier von einer Kapazitätsauslastung von im Schnitt nur noch 20 bis 40 Prozent die Rede. Wie diese Zeitung erfahren hat, schreibt Ledvance rote Zahlen. Von einem hohen zweistelligen Millionen-Verlust ist gar die Rede.
Die Euphorie des Februar 2016 ist damit längst verflogen. Damals glaubten viele noch daran, der neue chinesische Eigentümer MLS, der LEDs herstellt, könnte diese Zukunftstechnologie im großen Stil in Augsburg einsetzen und so den Standort fit für kräftigeres Wachstum machen. Unter den früheren Eigentümern – Osram und der Mutter Siemens – war das ausgeblieben, obwohl Politiker und Gewerkschaften an Runden Tischen Zukunftskonzepte entwickelt hatten. So war in der Stadt immer wieder vom langsamen Sterben des LeuchtenWerkes die Rede. Hunderte von Arbeitsplätzen wurden abgebaut. Die Frustration unter den Beschäftigten war zum Teil groß. Letztlich verkaufte Osram das Werk an die Chinesen. Die Vorprodukte-Fabrik in Schwabmünchen bei Augsburg blieb allerdings bei Osram. Dieses Werk soll nach dem Willen von Berlien kräftig zu einer Hightech-Fabrik ausgebaut werden. In einem neuen Reinraum entstehen dann Produkte für LED-Chips, die etwa in der gut laufenden Produktion in Regensburg gebraucht werden.