Mittelschwaebische Nachrichten
Schlupflöcher
Das Paradies ist ein schöner Unterschlupf. Da lässt es sich aushalten und kostensparend die Zeit vertreiben – man muss bloß die Finger von Äpfeln lassen und aufpassen, dass niemand von diesen falschen Schlangen in den Papieren herumschnüffelt. Sonst droht Ungemach und es kann sein, dass es zugig wird im Steuerschlupfloch und die Leute daheim mit den Fingern auf einen zeigen. Schuft, du! Steuerschlumpf, elender! Ehrlichkeitsschlaffi! Dabei ist die Kunst, ein Schlupfloch zu besetzen, eine akrobatische. Viel schwieriger, als mal eben daheim in die Pantoffel zu schlupfen oder eine Oase zu begrünen. Das Internetlexikon beschreibt das Schlupfloch „als einen Durchgang oder Ort, durch, aus dem oder in den man nur durch Verbiegen des Körpers gelangen kann, oftmals nur durch das Entlangschleifen des Körpers an den Wänden oder der Decke“.
Durch den Schlitz von Briefkastenfirmen ist schon so manche Million dem Fiskus entschlupft. Geld ist geschmeidig, es entkommt auch durch kleinste Schlupflöcher, wie die schlüpfrigen Enthüllungen der „Paradise Papers“aus der internationalen Finanztrickwelt nun wieder einmal offenbaren. Wer Schlupflöcher sucht und findet, ist von anderem Kaliber als einer, der bei seiner Steuererklärung nur schlampt und das Arbeitszimmer um 148 Quadratmeter zu groß eingeschätzt hat. Schlupfen liegt verdammt nahe an schlüpfrig – und irgendwie sind sie das ja auch, die internationalen Geldströme, die immer kurz vor der Steuerkasse versiegen, weil sie vorher auf die Bahamas oder sonst wo in tropische oder irische Briefkästen geflossen sind und in diskreten Schlupfwinkeln geparkt wurden. Der Duden ist wenig gnädig mit dem Verb „schlupfen“, er nennt es, als eine Art Dreiklang der Missachtung, im Gebrauch „schweizerisch veraltet, süddeutsch, österreichisch“– kurz: unmöglich. Wer schlupft, pfeift (schwaches Verb!) gleichsam auf dem letzten Loch.
Schlupflöcher kann man stopfen oder schließen. Aber dann gibt es eben neue. Das ist wie mit den Schlupfwespen. Sind nicht totzukriegen. Aber dafür sind diese Parasiten für unser Gemeinwesen völlig unschädlich. Im Gegenteil: Sie holen die Motten aus unseren Schränken!