Mittelschwaebische Nachrichten
Es bleibt uns keine andere Wahl!
Die Bundestagswahl ist längst gelaufen. Die Parteien stehen in der Pflicht, die Zukunft zu gestalten. Eine schwierige Aufgabe bei all den vorweggezogenen roten Linien, aber es muss weitergehen.
Polarisierungen haben überall Hochkonjunktur. Je schroffer die Gegensätze, desto mehr kochen die Emotionen. Die Gräben sind zahlreicher als die Brücken … in Katalonien, in Großbritannien, im Nahen und Mittleren Osten, auch bei Tarif- und Insolvenzverhandlungen, beim Flügelstreit in Parteien und Kirchen, beim Nebeneinander von Einheimischen und Fremden. Doch schließlich bleibt keine andere Wahl: Es müssen Wege gefunden werden, die alle zusammen beschreiten können.
Ein fünfhundert Jahre altes Lehrstück ist die Wirkungsgeschichte der Reformation. In den zurückliegenden zwölf Monaten wurde sie immer wieder angesprochen. Sie bestätigt: Es gibt einen Weg vom Konflikt zur Gemeinsamkeit. Papst Benedikt XVI. sagte 2011 in der Erfurter Augustinerkirche: „Es war ein Fehler des konfessionellen Zeitalters, dass wir weithin das Trennende gesehen und gar nicht existenziell wahrgenommen haben, was uns mit den großen Vorgaben der Heiligen Schrift und der altchristlichen Bekenntnisse gemeinsam ist … Es ist der große Fortschritt der letzten Jahrzehnte, dass uns diese Gemeinsamkeit bewusst geworden ist.“
Es gibt zwar weiterhin Unterschiede, doch das ist kein Unglück. Wer Ohren hat zu hören, der entdeckt durch sie die Wirklichkeit auf neue und tiefere Weise, schätzt die Vielfalt und spürt überraschende Nähe. Die christlichen Kirchen waren zwar in der Geschichte keine ausgewiesenen Lehrmeister im Brückenbau, aber in den letzten Jahrzehnten haben sie durchaus Wege aufeinanderzugefunden – und sie haben dabei gewonnen.
Letztlich bleibt keine andere Wahl, wenn die Zukunft gelingen soll. Dies kann auch für andere Bereiche modellhaft sein. Baustellen gibt es überall.